SPIEGEL 15/2008, 05.04.2008
Sachsen: Geschäfte mit der eigenen Bank
(Nolle: Eine Nachricht und ihr Hintergrund: Heikle Erkenntnisse aus dem 1. Untersuchungsausschuss des Sächsischen Landtages zur Sachsen LB)
Vorabmeldung Sperrfrist 5.4.08, 11 Uhr
Sachsen: Geschäfte mit der eigenen Bank
Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) gerät wegen eines privaten Geldgeschäfts mit der landeseigenen Sachsen LB in Bedrängnis. Milbradt und seine Frau Angelika haben sich an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, mit dem 1996 der 88 Millionen Euro teure Neubau der sächsischen Landesbank in der Leipziger Innenstadt finanziert wurde. Pikant: Das Investment fand statt, als Milbradt Finanzminister im Kabinett Biedenkopf war und damit qua Amt Chef des Verwaltungsrates des im August 2007 notverkauften Geldhauses.
Die Milbradts finanzierten ihre Fondsbeteiligung, die rund 50 000 Euro betragen soll, teilweise über einen Kredit der Landesbank. Die sächsische Staatskanzlei bestätigt das Investment, sieht aber keinen Interessenskonflikt. Zwar sei Milbradt Chef des Verwaltungsrates der Bank gewesen, doch die Rechtsaufsicht habe seinem Staatssekretär oblegen. Das gewährte Darlehen wiederum sei schließlich vom Verwaltungsrat der Bank gebilligt worden.
Im Vergleich zu vielen notleidenden Fonds im Osten Deutschlands war die Zeichnung jenes Investments mit dem Namen „Kyma Objekt Löhr’s Carré“ ein echter Glücksfall für die Anteilseigner: Als potente Mieter standen die Bank und die Sparkasse Leipzig fest, eine Mietgarantie sicherte die im Fondsprospekt mit 9,3 Prozent prognostizierte Rendite. Der Öffentlichkeit blieb das lukrative Geschäft der heutigen First-Family verborgen: Im Handelsregister tauchten die Namen der einzelnen Fondszeichner nicht auf, Parlamentsnachfragen von SPD und PDS zu Kreditgeschäften von Verwaltungsräten der Bank wurden mehrfach mit Hinweis auf das Bankgeheimnis abgewiesen.
Die Dresdner Staatskanzlei sieht die heikle Finanzanlage positiv: Es sei doch „gut, dass der Ministerpräsident auch sein persönliches Geld in Sachsen und nicht in anderen Bundesländern anlegt“.
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1. Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtages zur Sachsen LB,
öffentliche Anhörung am 01.04.08
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Karl Nolle, MdL:
Fragenkomplex: Milbradts private Beziehungen zur Sachsen LB
(Milbradts Antworten gebe ich nach meinen pers. Aufzeichnungen wieder. Das offizielle stenographische Protokoll liegt frühestens in 14 Tagen vor, meine speziellen Fragen und Milbradts Anworten stammen von ca, 16 Uhr)
NOLLE: Haben Sie oder Ihre Frau Darlehen und/oder Personalkredite der SLB oder deren Tochtergesellschaften oder Beteiligungsgesellschaften für die Finanzierung Ihres Privathauses erhalten?
Milbradt: NEIN
NOLLE: Haben Sie oder Ihre Frau Darlehen und/oder Personalkredite der SLB für die Finanzierung von Beteiligungen an z.B. Flughafen und SLB Hochhaus oder für andere Beteiligungen/Fondsbeteiligungen erhalten?
Milbradt: JA, ich habe eine Beteiligung an dem Fonds für das SLB Hochhaus, damit war verbunden eine Finanzierung durch die Sachsen LB, allerdings zu ganz normalen Konditionen.
NOLLE: Ist der Fonds so ähnlich wie eine Komanditgesellschaft konstruiert, sind das also Komanditanteile?
Milbradt: JA, so ähnlich, genau weiß ich das nicht.
NOLLE: und beim Flughafen Leipzig?
Milbradt: Am Flughafen Leipzig sind weder meine Frau noch ich beteiligt.
NOLLE: Haben sie in der Zeit nach Ihrem Ausscheiden als Minister bis zum Zeitpunkt der Wahl zum Ministerpräsidenten in irgendeiner Form „Zuwendungen“ von der Bank oder von Töchtern der Bank, oder von leitenden Angestellten der Bank erhalten?
Milbradt: NEIN
- Ende der Befragung zu dem Fragenkomplex -