Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 05.04.08 - 21:45 Uhr, 06.04.2008

DRESDNER SPITZEN - Staatskanzlei verteidigt Milbradts Privatgeschäfte mit SachsenLB

Georg Milbradt: Fragwürdige Geschäfte mit der SachsenLB
 
Sachsens Ministerpräsident in Bedrängnis: Georg Milbradt hat zu seiner Zeit als Finanzminister ein privates Fondsgeschäft teilweise mit einem Kredit der SachsenLB finanziert. Nun fordern die Grünen seinen Rücktritt, die SPD eine Erklärung - die Staatskanzlei lobt Milbradt sogar.

Dresden - Sachsens Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) steht erneut in der Kritik: Zusammen mit seiner Frau Angelika hat er sich laut SPIEGEL-Informationen an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, mit dem 1996 der 88 Millionen Euro teure Neubau der sächsischen Landesbank in Leipzig finanziert wurde. Pikant: Das Investment fand statt, als Milbradt Finanzminister im Kabinett Biedenkopf war und damit qua Amt Chef des Verwaltungsrats der im August 2007 notverkauften SachsenLB.

Die Milbradts hatten ihre Fondsbeteiligung, die rund 50.000 Euro betragen soll, teilweise über einen Kredit der Landesbank finanziert. Die Staatskanzlei bestätigte das Investment, sieht aber keinen Interessenkonflikt.

Der Koalitionspartner SPD erwartet nun eine persönliche Erklärung des Regierungschefs, wie Generalsekretär Dirk Panter der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die Grünen-Landtagsfraktion forderte Milbradt zum Rücktritt auf.

Regierungssprecher Peter Zimmermann wies Kritik an Milbradt zurück: "Es ist absolut unfassbar, wie Einzelne versuchen, dem Ministerpräsidenten in Sachen Sachsen LB etwas anzuhängen", sagte Zimmermann. Milbradt selber werde sich nicht zu der Angelegenheit erklären.

Zwar sei Milbradt Chef des Verwaltungsrats der Bank gewesen, doch die Rechtsaufsicht habe seinem Staatssekretär oblegen, so die Staatskanzlei. Das gewährte Darlehen wiederum sei schließlich vom Verwaltungsrat der Bank gebilligt worden.

Dresdner Staatkanzlei lobt Milbradt

Alle Informationen zu dem Fonds seien zugänglich und transparent gewesen und darüberhinaus in Broschüren und Prospekten offensiv publiziert worden, verteidigte Sprecher Zimmermann den Ministerpräsidenten. Die Konstruktion des Fonds war laut Dresdner Staatskanzlei so angelegt, dass ein Teil des gezeichneten Eigenkapitals durch einen vorgegebenen Anteil mittels eines Kredits der SachsenLB refinanziert werden musste.

Die Staatskanzlei sieht die heikle Finanzanlage sogar positiv: Es sei doch "gut, dass der Ministerpräsident auch sein persönliches Geld in Sachsen und nicht in anderen Bundesländern anlegt".

Im Vergleich zu vielen notleidenden Fonds im Osten Deutschlands war die Zeichnung des Investments mit dem Namen "Kyma Objekt Löhr's Carré" ein echter Glücksfall für die Anteilseigner: Als potente Mieter standen die Bank und die Sparkasse Leipzig fest, eine Mietgarantie sicherte die im Fondsprospekt mit 9,3 Prozent prognostizierte Rendite. Der Öffentlichkeit blieb das lukrative Geschäft der heutigen First Family verborgen: Im Handelsregister tauchten die Namen der einzelnen Fondszeichner nicht auf, Parlamentsnachfragen von SPD und PDS zu Kreditgeschäften von Verwaltungsräten der Bank wurden mehrfach mit Hinweis auf das Bankgeheimnis abgewiesen.

Linke: "Höchste Zeit, dass Milbradt seinen Hut nimmt"

Die Grünen kritisierten Milbradt nun: "Diesem Politiker fehlt offenbar der Instinkt dafür, dass das, was nicht ausdrücklich verboten ist, für einen Politiker noch lange nicht erlaubt ist", sagte Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau. Als Finanzminister sei es Aufgabe Milbradts gewesen, öffentliches Geld zu verwalten und nicht mit dessen Hilfe privates Einkommen zu vermehren. "Gerade beim Umgang mit Steuergeld, mit dem die SachsenLB ja gegründet wurde, hört die Freundschaft auf."

FDP-Fraktionschef Holger Zastrow erklärte: "Von einem Ministerpräsidenten ist zu erwarten, dass er moralisch vollkommen integer und unangreifbar agiert. Ich bezweifle inzwischen stark, dass dies für Milbradt noch zutrifft." Der Chef der Linksfraktion im Landtag, André Hahn, sprach von einem "klassischen Insidergeschäft zum Zweck der persönlichen Bereicherung" und einer neuen Qualität in der Affäre um die SachsenLB. "Es ist höchste Zeit, dass Milbradt selbst einen Schlussstrich zieht und seinen Hut nimmt."

Die unter Milbradt gegründete SachsenLB war Ende 2007 nach Spekulationen auf dem ins Trudeln geratenen US-Hypothekenmarkt eilig verkauft worden, um Milliardenverluste zu vermeiden. Milbradt steht seither in der Kritik. In einem Untersuchungsausschuss des Landtags hatte er vor wenigen Tagen die Übernahme politischer Verantwortung für das Bank-Desaster abgelehnt. Milbradt war von November 1990 bis Februar 2001 Finanzminister, seit 2002 ist er Ministerpräsident.
tno/dpa

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