Freie Presse Chemnitz, 11.04.2008
SPD steht zur Koalition und bedrängt Milbradt weiter
Jurk: Die CDU hat ein Aufklärungsproblem — Kretschmer: Angriffe der SPD müssen ein Ende haben — Jurk und Dutig verteidigen Nolle
Dresden. Vorwärtsverteidigung kann so klingen: „Die SPD hat kein Koalitionsproblem, doch die CDU hat ein Aufklärungsproblem." Knapp und beherzt drückte SPD-Chef Thomas Jurk gestern vor der eilig zusammengetrommelten Presse seinen Durchhaltewillen in der zerrütteten Regierungsgemeinschaft aus. Das Ultimatum der CDU, sich bis Dienstag zur Koalition zu äußern, bezeichnete Jurk als »durchsichtigen Ablenkungsversuch".
Die Koalitionskrise war am Dienstag im Kabinett eskaliert. Ministerpräsident Georg Milbradt und die CDU-Minister hatten Jurk inscharfer Form angegriffen. Auslöser waren die Attacken des SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle im Landesbank-Untersuchungsausschuss und dessen Informationsverbreitung zu Milbradts privaten Geldgeschäften mit der Sachsen-LB. Die CDU-Fraktion hatte sich gestern zunächst mit Milbradt solidarisiert.
Man habe die Selbstreinigungskräfte der CDU nicht stören wollen, erklärte Fraktionschef Martin Dulig das bisherige Schweigen der SPD. Die CDU solle das Thema Koalitionskrise beiseite legen und sich den Sachthemen zuwenden. Allerdings lauert mit dem Personalvertretungsgesetz der nächste Konflikt.
Er erwarte unverändert, dass sichMilbradt zu seinen Geldgeschäften äußert, sagte Jurk. „Ich hätte das Geschäft nicht gemacht", meinte der Wirtschaftsminister. „Nicht alles, wäs legal ist, ist auch legitime. Die Frage,ob sich SPD-Mitglieder in Aufsichtsgremien von Sparkassen nicht in ähnlicher Form an Fonds ihrer Institute beteiligt hätten, konnte jurk nicht beantworten. Milbradts Funktion als Ministerpräsident bezeichnete er als vorteilhaft, da dieser offenbar den Rückhalt seiner Fraktion gewonnen habe.
Jurks Informationsbedürfnis nannte CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer unverständlich. Milbradt habe Jurk in Vier-AugenGesprächen unterrichtet. Zudem seidie Öffentlichkeit umfassend unterrichtet worden. Die Angriffe von Teilen der SPD auf die Union und deren Spitzenpolitiker müssten ein Ende haben. Das wollen und können Jurk und Dulig, nicht garantieren. „Karl Nolle hat nur Fragen gestellt, und das ist seine Pflicht."
Als Test für den brüchigen Frieden gilt der Auftritt des früheren SPD-Staatssekretärs Christoph Habermann im Landesbank-Untersuchungsausschuss. Ihn will Nolle am kommenden Montag zu möglichem Wissen von Milbradt und Ex-Finanzminister Horst Metz (CDU) befragen. Habermann ist heute Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Arbeits- und Sozialministerium.
VON HUBERT KEMPER