spiegel-online, 13.05.2008
Streit um die Waldschlösschenbrücke: Fische auf dem Trockenen
Ministerpräsident Milbradt kritisierte die Unesco als "Fisch, der einem durch die Hände gleitet".
Fischige Forderung? Nachdem sich die Unesco hinter einen neuen Bürgerentscheid zur Waldschlösschenbrücke gestellt hat, ist die Welterbe-Debatte in Dresden neu entbrannt - Ministerpräsident Milbradt kritisierte die Organisation als "Fisch, der einem durch die Hände gleitet".
Dresden/Berlin - Mit ihrem Plädoyer für einen zweiten Bürgerentscheid zur Dresdner Waldschlösschenbrücke hat die Unesco den sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt (CDU) gegen sich aufgebracht. "Die Auffassungen der Unesco sind wie ein Fisch, der einem ständig durch die Hände gleitet", sagte Milbradt der "Sächsischen Zeitung". Der Deutsche Kulturrat begrüßte dagegen die Forderung der Uno-Kulturorganisation, die Dresdner über den Bau eines Tunnels abstimmen zu lassen. Beim Bürgerentscheid vor drei Jahren, als die Bürger der Stadt für die Brücke stimmten, stand ein Tunnel als Alternative nicht zur Wahl.
Die Unesco droht mit der Aberkennung des Welterbetitels für das Elbtal im Juli, wenn die im November begonnenen Brückenbauarbeiten fortgesetzt werden. Nach Ansicht der Organisation passt die geplante vierspurige Elbquerung nicht zur historischen Altstadt. Sie unterstützt daher den Stadtrat, der den neuen Bürgerentscheid zugelassen hat. Weil der amtierende Oberbürgermeisters Lutz Vogel (parteilos) aber sein Veto einlegte, wird das Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde der Stadt letztlich die Entscheidung fällen.
Es sei schade und traurig, dass der Chef des Unesco-Welterbezentrums in Paris, Francesco Bandarin, "so herablassend mit dem Dresdner Bürgerwillen umgeht", kritisierte Milbradt. Der Vorwurf, die Stadt und das Land hielten stur am Brückenbau fest, sei absurd. Angesichts der Rechtslage müsse abgewartet werden, ob ein neuer Bürgerentscheid überhaupt in Frage komme. "Bei Licht betrachtet führt die Unesco nichts anderes als eine Geschmacksdebatte", sagte der Ministerpräsident. "Der Dresdner Delegation, die in Paris war, wurde mehr als deutlich gesagt, dass erst im Juli in Kanada entschieden werde. Jetzt sagt er uns wieder, eine Brücke sei an dieser Stelle prinzipiell nicht möglich."
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, erklärte in Berlin, Milbradt wolle das Problem gar nicht lösen. Eine Aberkennung des Welterbestatus für das Dresdner Elbtal würde nicht nur der Stadt, sondern ganz Deutschland schaden. "Rechthaberei hilft jetzt nicht weiter, sondern nur Kompromissbereitschaft", mahnte Zimmermann.
hoc/AFP