Karl Nolle, MdL

Freie Presse Chemnitz, Zschopauer Zeitung, 23.05.2008

Was wurde aus dem Baumann-Bericht?

Marienbergs Landrat und Zschopaus Oberbürgermeister unter Beschuss
 
Zschopau. Kurz vor der Oberbürgermeisterwahl in Zschopau kochen alte Vorwürfe gegen Amtsinhaber und Kandidat Klaus Baumann (CDU) wieder hoch. Möglicherweise sind frühere Ermittlungen gegen ihn nie konsequent zu Ende geführt worden. Deshalb bringt der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle den Fall nun erneut ins Rollen. Dabei hat er nicht nur Baumann ins Visier genommen, sondern diesmal auch Marienbergs Landrat Albrecht Kohlsdorf (CDU).

Bereits Mitte Mai stellte Nolle eine Kleine Anfrage zu dem Thema an den Landtag; gestern schoss er dann mit voller Breitseite: Er zeigte beide Politiker bei der Chemnitzer Staatsanwaltschaft an. Darüber hinaus reichte er eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Kohlsdorf beim Regierungspräsidium in Chemnitz ein.

Als Affären-Spürhund ist Nolle vor allem bei CDU-Politikern in Sachsen gefürchtet. Er leitete unter anderem das Politische Aus des früheren Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf ein. Im konkreten Fall bezieht er sich auf Untersuchungen gegen Baumann ans dem Jahr 2003. Damals hatte das Landratsamt in Person von Rechts- und Kommunalamtsleiter Klaus Tellering gegen den Zschopauer Oberbürgermeister ermittelt. Zu den Schwerpunkten gehörten unter anderem eigenmächtige Überschreitungen des städtischen Haushaltes in sechsstelliger Höhe und Baumanns Beteiligung am überteuerten Kauf der Stadthalle durch eine städtische Gesellschaft zugunsten eines heute nicht mehr aktiven Stadtrates. Auch um umstrittene Vorverträge zu Grundstückskäufen auf der Ilmhöhe, die der Oberbürgermeister 1998 mit der Firma eines Bekannten abschloss drehten sich die Ermittlungen.

Von einem anderen Unternehmen des selben Mannes, so Nolle, habe Baumann 2001 einen Scheck über 8.500 D-Mark ausgestellt. bekommen. Das nähre den Verdacht, der damals privat in finanziellen Nöten steckende OB könnte bestechlich sein.

Sieben Jahre später stellen sich für Nolle zwei brisante Fragen: Was wurde aus Tellerings Untersuchungsbericht? Welche Konsequenzen hatten die Ergebnisse für den Zschopauer OB? Auszugsweise Kopien, die auch der "Freien Presse" vorliegen, weisen tatsächlich auf kritikwürdiges Gebaren des Stadtoberhauptes hin. Und Nolle glaubt, dass Kohlsdorf das belastende Material im Archiv verschwinden lassen hat. Klaus Tellering, derzeit krank geschrieben, versuchte die Wogen gestern zu glätten. Der Ermittlungsbericht habe unterm Strich nichts strafrechtlich Relevantes ergeben, ließ er ausrichten Im Übrigen sei das alles verjährt. Auch Kohlsdorf ist momentan außer Haus, im Urlaub. Zu den Vorwürfen äußerte er sich zunächst nicht Inzwischen hat das Regierungspräsidium Nolles Kleine Anfrage zur Stellungnahme ans Landratsamt weitergeleitet.

Klaus Baumann reagierte gestern deutlich gereizter. Er zeigte den SPD-Mann seinerseits bei der Staatsanwaltschaft an - unter anderem wegen falscher Verdächtigung und übler Nachrede. "Zwei Wochen vor der Oberbürgermeisterwahl ist das ein Versuch, die Wähler gegen mich zu beeinflussen", sagte der seit 1994 amtierende Verwaltungschef. So eine Aktion sei früher schon einmal ohne Erfolg gelaufen Zugleich wies er den Vorwurf zurück, er habe privat Geld angenommen. "Bei besagten 8.5oo Mark handelte es sich um eine Sponsorenleistung an den Zschopauer FC, dessen Vizepräsident ich damals war", erklärte Baumann, der den raschen Eingang des Geldes auf dem Vereinskonto mit einem Kontoauszug belegen kann.

Was aus dem Vorermittlungsverfahren des Landratsamtes wurde, weiß der Oberbürgermeister bis heute selbst nicht. Tellering schrieb ihm im August 2003, dass Kohlsdorf das Verfahren vorübergehend ausgesetzt habe, weil nun auch die Staatsanwaltschaft damit befasst sei. Im April 2005 forderte der Amtsleiter Baumann dann auf, das Protokoll über seine Anhörung unterschrieben zurückzusenden. "Solch ein Abschlussprotokoll liegt mir jedoch bis heute nicht vor", so der OB.

Zu Nolles Informanten in diesem Fall gehört der Zschopauer Stadtrat Frieder Meyer, Fraktionschef des Bundes Freier Wähler (BFW) — früher auch Baumanns politische Heimat. Die Beiden stehen sich seit Jahren unversöhnlich gegenüber. Für die nächste Oberbürgermeisterwahl am 8. Juni hat der BFW allerdings - keinen eigenen Kandidaten benannt.
Von Sven Frommhold

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