Karl Nolle, MdL

Die Sachsen Zeit, (onlinezeitung) www.d-sz.de, 27.05.2008

Seniorenbeauftragte Olivier im Zwielicht: Braune Laus im schwarzen Pelz

Von Gregor Tschung
 
Dresden. Sachsens Seniorenbeauftragte Yvonne Olivier (CDU, 47)
will nicht, dass die braune Seite ihrer Vergangenheit ans Licht der
Öffentlichkeit kommt. Das belegt die Antwort des Sächsischen
Sozialministeriums auf eine entsprechende Kleine Anfrage (Drs. 4/10928)
des Grünen-Landtagsabgeordneten Johannes Lichdi.

Lichdi wollte wissen, was die Staatsregierung über die Vergangenheit von
Yvonne Olivier weiß und inwieweit sich Olivier von ihrer Vergangenheit
distanziert hat. In der schriftlichen Antwort von Sozialministerin Helma
Orosz (CDU) heißt es dazu: "Eine Zustimmung der genannten Person zur
Erhebung und anschließenden Weitergabe der erfragten Informationen liegt
nicht vor." Im übrigen seien keine Umstände bekannt, die einer Ausübung
der Tätigkeit entgegenstehen würden.

Eine Feststellung, die die Ministerin und OB-Kandidatin für Dresden noch
in arge Bedrängnis bringen könnte. Denn nach Informationen, die der
"Sachsen Zeit" vorliegen, war Yvonne Olivier ein hochrangiges Mitglied
des Thule-Seminars (Mitgliedsnummer 84*011*D*2.25). Das 1980 durch den
Franzosen Pierre Krebs gegründete Seminar wird in Fachkreisen auch als
"geistige Wehrsportgruppe" bezeichnet und seit Jahren durch die
verschiedenen Verfassungsschutzbehörden der rechtsextremen Szene zugeordnet.

Die Mitgliedschaft im Thule-Seminar ist nicht der einzige Hinweis auf
die braune Vergangenheit von Yvonne Olivier. Gleich mehrfach wird sie im
Handbuch Deutscher Rechtsextremismus erwähnt. Und nicht nur das: Anhand
von Unterlagen des Vereinsregisters in Bonn lässt sich nachweisen, dass
die studierte Juristin wenigstens zwischen 1979 und 1991 dem
Ostpolitischen Deutschen Studentenverband (später Gesamtdeutscher
Studentenverband) teilweise sogar als Funktionärin angehörte. Der
ODS/GDS war über viele Jahre hinweg die Studentenorganisation des Bundes
der Vertriebenen und wurde in der Ausgabe 4/85 "Innere Sicherheit -
Information des Bundesministers des Inneren" als rechtsextremistische
Organisation eingestuft. Der Bundesinnenminister hieß seinerzeit
Friedrich Zimmermann und gehörte der CSU an.

Die Einstufung als "rechtsextremistische Organisation" erfolgte offenbar
aus gutem Grund. Hans-Michael Fiedler, einer der führenden Köpfe der
niedersächsischen NPD und Mitglied des Thule-Seminars, übte Jahre lang
großen Einfluss auf den ODS aus. So sorgte Fiedler bei der 26.
Jahreshauptversammlung vom 24. bis 25. März 1979 im Haus der Heimat in
Hedemünden dafür, dass sein Zögling Christian Heck zum neuen
Bundesvorsitzenden gewählt wurde. Zu den stimmberechtigten Teilnehmern
dieser Versammlung gehörte auch Yvonne Olivier. Bemerkenswert ist auch
ein inhaltlicher Antrag, mit dem sich die Delegierten auf dieser
Versammlung beschäftigten. Danach sollte sich der ODS bei den
Bundestagsabgeordneten der CDU dafür einsetzen, dass diese nicht für die
Aufhebung der Verjährungsfrist von so genannten NS-Verbrechen stimmen.

Das Verhältnis zwischen Heck, Fiedler und Olivier verdient indes eine
nähere Betrachtung. Im niedersächsischen Verfassungsschutzbericht 83-84
wird auf Seite 98 der "Sympathisantenkreis Fiedler" beschrieben: Im Raum
Göttingen bestehen verschiedene rechtsextremistische Zirkel, die sich
vor allem an Schüler, Studenten und Jungakademiker wenden. Sie tragen z.
B. die Bezeichnungen "Studentenbund Schlesien" (SBS), "Hochschulgruppe
Pommern" (HGP), "Schüler- und Studentenunion Ostpreußen" (SUO). Bei
allen Veranstaltungen dieser Kleingruppen zeigen sich enge
Verflechtungen zur NPD und zu deren Funktionären. Leiter ist das
Mitglied des NPD-Landesvorstandes Hans-Michael Fiedler." Yvonne Olivier
gehörte der SUO wenigstens seit 1979 an. Als Vertreterin des SUO nahm
sie mehrfach als stimmberechtigte Vertreterin an Versammlungen des
ODS/GDS teil. Dort übernahm sie verschiedene Funktionen:
Protokollführerin (1980, 1985, 1986, 1991), Kassenprüferin (1985, 1986)
und Beisitzerin des Bundesvorstandes (1991).

Christian Heck und Yvonne Olivier zählten aber auch zu den führenden
Köpfen der Göttinger Schülerzeitung "Komet". Die Schülerzeitung (Auflage
bis zu 6000 Exemplare) geriet in den 80er Jahren in Verruf. "Brauner
Komet am Göttinger Himmel" lautete die Überschrift eines Beitrages in
der Stadtzeitung. Ausführlich wurde seinerzeit über die Verflechtungen
von "Komet" bis hin zu NPD-Mann Hans-Michael Fiedler berichtet. Heck,
heute Richter am Oberlandesgericht in Celle, will wie Yvonne Olivier
nicht an seine braune Vergangenheit erinnert werden. "Das gehört nicht
in die Öffentlichkeit." Ähnlich äußert sich der ehemalige Mitstreiter
bei der Schülerzeitung "Komet" und Funktionär beim ODS, Christian
Moderegger: "Das war doch nur ein Haufen verlorener Idioten." Yvonne
Olivier sei nicht mehr als eine harmlose Mitläuferin gewesen. Von ihr
wie von den anderen sei niemals eine Gefahr für den Staat ausgegangen.
"Wir wollten damals ein Gegengewicht zu anderen Publikationen
darstellen." Moderegger widersprach
Mutmaßungen, dass Einnahmen aus dem Anzeigengeschäft an die NPD oder
Fiedler geflossen sind. "Wenn das passiert wäre, hätte ich da nicht mehr
mitgemacht", so Moderegger.

Also doch nur alles harmlose Jugendsünden einer Gruppe Identität
suchender Jugendlicher? Dagegen sprechen die Geschehnisse am Rande der
31. Jahreshauptversammlung des ODS vom 1. bis zum 2. September 1984 in
Bad Godesberg bei Bonn, an der laut Protokoll neben Yvonne Olivier auch
NPD-Mann Hans-Michael Fiedler teilnahm. Kurz vor Beginn der Tagung im
Haus Annaberg kam es auf dem Bonner Kaiserplatz zu einer Gewaltorgie. Im
Verfassungsschutzbericht heißt es dazu: "Am 1. September 1984 griffen
Mitglieder der Wiking-Jugend und anderer rechtsextremistischer
Jugendgruppen zusammen mit Skinheads in Bonn eine Gruppe von Punkern an,
schlugen mit Eisenketten und Schlagstöcken auf sie ein und verletzten
vier von ihnen schwer." Unter den vorübergehend Festgenommenen befanden
sich wenigstens drei ODS-Funktionäre: Hartmut Heger, Norbert Schnelle
und Frank Buchhold. Über Schnelle vermerkt das ODS-Protokoll vom 2.
Sitzungstag: "Norbert Schnelle von der HG Bielefeld ist eingetroffen und
berichtet über die dortigen Aktivitäten." Heger wurde vom Bonner
Landgericht fast zwei Jahre nach der Tat zu einer dreimonatigen
Haftstrafe verurteilt.

Yvonne Olivier ist inzwischen nicht nur Seniorenbeauftragte des
Freistaates Sachsen, sondern auch Mitglied in verschiedenen Gremien der
CDU: Landesschatzmeisterin der Ost- und Mitteldeutschen Vereinigung
(OMV) und Beisitzerin im Vorstand des Kreisverbandes Meißen. Außerdem
wurde sie für die CDU bei der Bundestagswahl 2005 für den Listenplatz 20
nominiert. Yvonne Olivier schweigt bis heute zu ihrer Vergangenheit in
den verschiedenen rechtsextremistischen Organisationen. Mehrfache
schriftliche und telefonische Anfragen ließ sie unbeantwortet. Und auch
bei der sächsischen CDU hüllt man sich derzeit noch in Schweigen. Weder
CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer noch der Meißner Kreisvorsitzende
Matthias Rößler antworteten auf Fragen zu Frau Olivier. Ralph Schreiber,
Pressesprecher des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, teilte
auf entsprechende Nachfrage lediglich mit: "Dem SMS sind keine Umstände
über Mitarbeiter bekannt, die einer Ausübung ihrer Tätigkeiten und Ämter
entgegenstehen."

Für Johannes Lichdi von den Grünen im Landtag ein unglaublicher Vorgang:
"Frau Orosz hätte die Informationen zur Vergangenheit ihrer
Seniorenbeauftragten wenigstens prüfen müssen. Entweder es mangelt ihr
an Problembewusstsein, oder sie hat ihren Laden nicht im Griff."

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: