Karl Nolle, MdL

spiegel-online, 11:56 Uhr, 11.06.2008

UMFRAGE-BLAMAGE: Jedes dritte SPD-Mitglied denkt über Parteiaustritt nach

Streit über die Linkspartei, Pannen des Parteichefs - es rumort kräftig in der SPD.
 
Einer Forsa-Umfrage zufolge haben 36 Prozent der Mitglieder in letzter Zeit ernsthaft einen Austritt erwogen. Mehr als die Hälfte will einen neuen Vorsitzenden - und auch die Große Koalition bekommt miserable Noten.

Hamburg/Berlin - Es ist ein vernichtendes Zeugnis für die Sozialdemokraten im Jahr vor der nächsten Bundestagswahl. Über ein Drittel der SPD-Mitglieder bejahten die Frage, ob sie angesichts der Turbulenzen in letzter Zeit ans Austreten gedacht hätten. Nur sechs Prozent gaben allerdings an, tatsächlich in Kürze austreten zu wollen.

Die Umfrage für das Magazin "Stern" belegt auch: In wichtigen Fragen teilen viele in der SPD-Basis nicht die Auffassung der Parteispitze. Die Kandidatur von Professorin Gesine Schwan bei der Bundespräsidentenwahl begrüßen nur 52 Prozent der SPD-Mitglieder, knapp die Hälfte der über 800 Befragten lehnt sie ab. Die Zusammenarbeit mit der Linken wird von knapp Zweidrittel der Mitglieder abgelehnt, 37 Prozent sind dafür.

Die Arbeit von Parteichef Kurt Beck kam mehrheitlich schlecht weg: 40 Prozent der Genossen halten sie für "gut", 60 Prozent dagegen sind nicht einverstanden damit. Über die Hälfte der SPD-Parteigänger ist der Meinung, jemand anderes könnte die Partei besser führen. Allerdings: Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der als möglicher Kanzlerkandidat der SPD gehandelt wird, halten nur ein Viertel der Mitglieder für die bessere Lösung.

Beck wollte das Ergebnis nicht bewerten. "Was Herr Güllner aus seiner Glaskugel liest, das habe ich noch nie kommentiert. Das werde ich auch weiter nicht tun", sagte Beck mit Blick auf Forsa-Chef Manfred Güllner. "Meine Großmutter hat aus dem Kaffeesatz viel klügere Sachen erfahren als das."

Aber auch die Regierungspolitik wird zunehmend unpopulär - Steuerstreit, Bundespräsidentenwahl und andauernder Koalitionskrach haben ihre Wirkungen gezeigt. Kurz vor Beginn der Koalitionsrunde am Mittwochabend belegt die wöchentliche Forsa-Umfrage die Unzufriedenheit der Wähler. Die Zustimmung zur Großen Koalition ist so gering wie nie. Zusammen erhalten Union und SPD nur 55 Prozent. Bei der Bundestagwahl 2005 hatten sie gemeinsam noch knapp 70 Prozent der Stimmen bekommen.

Auch die Werte der Volksparteien in der Gunst der Wähler bleiben im Keller. Die SPD verharrt weiter im Rekordtief, laut Forsa-Umfrage würde sie nur jeder fünfte Deutsche, 20 Prozent, wählen. Damit liegt die SPD zum zweiten Mal in Folge bei ihrem bisher niedrigsten Wert. Mit der CDU geht es abermals bergab, sie muss einen Punkt abgeben und sinkt im Vergleich zur Vorwoche auf 35 Prozent.

Die FDP kletterte um einen Punkt auf ein neues Jahreshoch von 14 Prozent, die Linkspartei hält ihren Höchstwert von 15 Prozent. Die Grünen verschlechterten sich um einen Punkt auf elf Prozent. Mit zusammen 49 Prozent liegen Union und FDP nun drei Punkte vor SPD, Grünen und Linkspartei, die zusammen 46 Prozent hätten.

An der wöchentlichen Umfrage des Forsa-Instituts nahmen 2501 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger vom 2. bis 6. Juni 2008 teil. Bei der Mitglieder-Befragung in der SPD wurden 801 Mitglieder vom 4. bis 6. befragt. Die Fehlertoleranz liegt bei 2,5 Prozent.
fat/AP/ddp/dpa

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