Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 19.06.2008

"Respekt, Anstand und Fairness“

Tillich hält erste Regierungserklärung / Opposition sieht Ministerpräsident auf Abruf
 
Dresden. Für die Linke ist er „ein Ministerpräsident des Übergangs“. Für die Grünen kam er zum Spitzenamt „wie die Jungfrau zum Kinde“. Und für die FDP passt „diese Regierung einfach nicht zu Land und Leuten“. Erstmals seit dem Wechsel an der Spitze des Freistaats hat der Landtag gestern den Amtsantritt des Regierungschefs Stanislaw Tillich (CDU) diskutiert – und einen Vorgeschmack auf den Wahlkampf 2009 geliefert.

In seiner Antrittserklärung skizzierte Tillich seine Agenda und setzte auf die Schwerpunkte Arbeit, Bildung – und Solidarität. Ein Begriff, den Sachsens erster ostdeutscher Regierungschef häufig verwendet und mit Heimat verbindet. „Sachsen soll für alle Generationen eine gute Heimat sein“, sagt Tillich. „Sachsen ist ein Freistaat der Freiheit und der Solidarität.“ Und: „Mir ist wichtig, dass viele Sachsen von klein auf die Erfahrung gelebter Solidarität machen.“ Ebenso fordert der Regierungschef alle Parteien auf, angesichts heruntergekommener Streitkultur wieder zu „Respekt, Anstand und Fairness“ zurückzukehren.

Für die Zukunft will Tillich den Freistaat zu einem Standort der Innovationen machen. Um den Mittelstand – „ein schlummernder Riese mit Potenzial“ – zu beflügeln, werde die Regierung ein neues Förderpaket auflegen. „Wir fördern Ideen vom Labor bis zum serienreifen Produkt. Und mein Ziel ist es, dass das nirgendwo schneller geht als bei uns.“ Sächsische Unternehmen hätten etwa auf dem Gebiet der Energiespeicherung beste Chancen, die Führerschaft zu übernehmen. Bald solle das erste sächsische Unternehmen in den Aktienindex Dax aufsteigen und die Verbundnetz Gas AG ihren Sitz in Leipzig erhalten. „Auch Ostdeutschland“, sagt Tillich, „braucht Konzernzentralen.“ Und selbst für SPD-Wirtschaftsminister Thomas Jurk legte der Regierungschef ein gutes Wort ein – mit Lob für ein neues Programm, das Forschungskosten von Mittelständlern finanzieren soll.

Doch zugleich legt Tillich Wert darauf, wie seine Vorgänger die Landesfinanzen in Ordnung zu halten, keine neuen Schulden zu machen und alte Kredite zu tilgen. Nach dem Ende des Solidarpaktes 2019 solle Sachsen ohne Geld von anderen auskommen. Tillich: „Wir wollen und werden auf eigenen Beinen stehen.“ Neue Akzente setzt er bei der Bildung: Für die frühkindliche Förderung in Kitas soll nun das Kultus- statt das Sozialministerium zuständig sein.
Beim Koalitionspartner SPD lief Tillich offene Türen ein. „Wenn es darum geht, Sachsen solidarischer zu machen, werden Sie uns immer an Ihrer Seite finden“, sagte Haushaltspolitiker Mario Pecher und schlug nach dem Koalitionstheater der vergangenen Monate versöhnliche Töne an: Die Sozialdemokraten seien bereit, „das Trennende in den Hintergrund treten zu lassen“ und „mehr das Verbindende hervorzuheben“.

Kritisch ging die Opposition zu Werke. Linke-Fraktionschef André Hahn warf Tillich vor, kein konkretes arbeitsmarktpolitisches Instrument benannt zu haben. „Ihr Start war nicht das erwartete Aufbruchsignal.“ Er hoffe, Tillich werde „dem Land weniger Schaden zufügen“ als sein Vorgänger Georg Milbradt. FDP-Fraktionschef Holger Zastrow meinte in aller Vorsicht, er hätte sich von Tillich „ein bisschen mehr Neues, ein bisschen mehr Typisches, auch ein bisschen mehr Ecken und Kanten gewünscht“. Sachsen brauche eine Regierung, die das Land „mitreißt, anspornt und gut darstellt“. Die CDU/SPD-Koalition sei daran gescheitert. „Spätestens im Herbst 2009“, so Zastrow, „wird sie deshalb abgelöst.“

Grünen-Fraktionschefin Antje Hermenau warf Tillich vor, alle offenen Baustellen auszublenden. „Dass es einen Skandal um die SachsenLB gab, dass Dresden den Welterbetitel verlieren wird und dass in unserer Heimat die Rechten fröhliche Urstände feiern, all das findet in Ihrer Rede nicht statt.“
Neue Suche: Wie der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg, Stefan Franke, gestern Abend erklärte, steht er „aus persönlichen Gründen“ nun doch nicht für das Amt des Innenstaatssekretärs zur Verfügung.
von Sven Heitkamp

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