DNN/LVZ, 04.07.2008
„Wir müssen keine Flügelkämpfe führen“
Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Stefan Brangs, zu den Linken und zur Kritik von Regierungschef Tillich
Dresden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat sich nach den Kommunalwahlen „besorgt“ über den Zustand der SPD gezeigt und ein Umdenken der Sozialdemokraten im Verhältnis zur Linken gefordert. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Freistaat, Stefan Brangs, weist die Kritik zurück.
Frage: Freuen Sie sich über die Fürsorge des Landesvaters?
Stefan Brangs: Ratschläge dieser Art sollten, wenn überhaupt, in trauter Runde und nicht über die Presse erteilt werden. Zumal die eigentliche Frage damit völlig untergeht.
Und die wäre?
Herr Tillich hat gesagt: „Der Feind steht links.“ Das ist eine historische Anleihe aus dem Jahr 1906/1907. Damals veröffentlichte Reichskanzler von Bülow einen Silvesterbrief, der zu einem Reichsverband gegen die Sozialdemokratie aufrief – weil sie Gelder für den Krieg in Deutsch-Südwestafrika, heute Namibia, abgelehnt hatte. Damit begann eine regelrechte Hetzjagd gegen die SPD. Mit solchen Zitaten sollte man vorsichtig sein.
Aber Tillich meint heute die Linke…
Den eigentlichen Feind blendet er aber völlig aus. Falls man jemanden in der Politik zum „Feind“ erklären sollte, dann ist es der Verfassungsfeind, die NPD. So hat es auch Kurt Tucholsky auf den Punkt gebracht: „Der Feind steht rechts.“ Es ist schon merkwürdig, welches Geschichtsbewusstsein in der CDU vorherrscht. Bei Herrn Tillich scheinen die Koordinaten etwas abhanden gekommen zu sein.
Ist die Linke nicht verfassungsfeindlich?
Sicher gibt es nach wie vor belastete Personen. Und es gibt viele historische Verletzungen in der SPD. Aber weite Teile der Politik wollen nicht anerkennen, dass die Linke einen Wandel vollzogen hat. Viele junge Mitglieder kennen die DDR allenfalls aus der Kita und haben mit dem alten System nichts zu tun. Und in Regierungsverantwortung wird auch die Linke entzaubert.
In einer Regierung, in die die SPD der Linken erst verhilft…
Wir haben nunmal 60 bis 70 Prozent inhaltliche Überschneidungen auf Landesebene. Wenn uns die CDU aber Bündnisse vorwirft, verheimlicht sie ihre eigenen Kungeleien in den Kommunen von Zwickau über Chemnitz bis Dresden. Dort hat die CDU die Linke als demokratisch anerkannt, um ihre eigenen Posten zu sichern.
Aber für die SPD ist die Linke der stärkste Konkurrent.
Wir sollten damit unaufgeregt und souverän umgehen. Es geht nicht um die Frage, welches Verhältnis wir zur Linken haben, sondern, wofür die SPD steht. Wir müssen unser Profil als Partei der sozialen Gerechtigkeit schärfen und keine Flügelkämpfe führen.
Würde der SPD nicht ein Pakt mit der CDU gegen die Linke nützen?
Tillich bietet der SPD einen scheinbaren Schulterschluss an. Aber das ist ein vergiftetes Angebot, das seinen Antrittsreden widerspricht. Bisher hat Tillich gesagt, dass er einen fairen Umgang mit dem politischen Gegner pflegen will – und dass er eine Koalition mit der FDP anstrebt. Darüber regen wir uns auch nicht auf.
Wie geht der Streit um den Wahltermin aus?
Ich gehe davon aus, dass die beiden SPD-Minister im Kabinett für einen gemeinsamen Termin von Bundes- und Landtagswahl stimmen.
Interview: Sven Heitkamp