Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 07.08.2008

Knallhart kalkuliert - über die jüngsten Großpleiten im Einzelhandel

"Die soziale Marktwirtschaft, sie war einmal. Sie verkommt immer mehr zur asozialen."
 
Finanzinvestor. Dieses Wort, es klingt nach Nadelstreifen-Anzug, nach Raffgier, nach Profit. Politiker machten daraus die „Heuschrecke“. Ein fürwahr nicht gerade ästhetisch anmutendes Tier. Eher ein zerstörerisches, das in Schwärmen über Felder herfällt und sie kahl frisst.

Kahl sind nun auch die Bilanzen der Handelsketten Wehmeyer, Hertie und Sinn-Leffers. 2005 von Karstadt verkauft, gehörten sie seitdem, richtig: Finanzinvestoren. Wehmeyer ging an die US-Gesellschaft Schottenstein, Hertie an die britische Gruppe Dawnay Day und Sinn-Leffers an die deutsche DHI. Waren all die Herren in Nadelstreifen – Damen sind in dem Gewerbe selten – nur auf die Immobilien der Handelsketten scharf?

Tatsächlich sind Knebelverträge über hohe Mieten an die neuen Eigentümer mit ein Grund für die Insolvenzen. Die neuen Heren haben gewusst, dass Karstadt seinerzeit nicht seine Kronjuwelen verkaufte. Zudem blieben die Investoren eine durchschlagende Erfolgsstrategie schuldig für das Geschäft im konsumschwachen Deutschland, in dem der Aufschwung nur die Billiganbieter und die Luxushäuser erreicht.

Wehmeyer, Hertie und Sinn-Leffers waren bodenständige und traditionsreiche Häuser. Sie wurden Opfer eines knallhart kalkulierenden Kapitalismus, dessen Hunger nicht zu stillen ist, der ohne Grenzen und Kontrollen wütet. Auf der Strecke bleiben die Beschäftigten und ihre Familien. Die soziale Marktwirtschaft, sie war einmal. Sie verkommt immer mehr zur asozialen.

Wolf.Ulrich@dd-v.de

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