Agenturen ddp-lsc, 17:00 Uhr, 25.08.2008
Ex-Vorstand verteidigt Dubliner Sachsen-LB-Geschäft
Opposition sieht Mitverantwortung der Staatsregierung für Bankdebakel
Dresden (ddp-lsc). Die frühere Führung der Sachsen LB Europe sieht sich für den Niedergang des einstigen Leipziger Mutterinstituts nicht verantwortlich. Über die inzwischen als verhängnisvoll geltenden Dubliner Geschäfte seien die Gremien der Sachsen LB umfänglich und standardmäßig informiert worden, Nachfragen habe es dabei nur selten gegeben, sagte der frühere SLBE-Vorstand Sven Petersen am Montag als Zeuge im Landesbank-Untersuchungsausschuss des Landtags in Dresden. Die Opposition von FDP und Linke nahmen Petersens Aussagen als Bestätigung dafür, dass die in Kreditausschuss und Verwaltungsrat vertretene Staatsregierung für das Bankdebakel eine Mitverantwortung trage.
Infolge der Dubliner Geschäfte war die Sachsen LB im Sommer 2007 in schwere finanzielle Probleme geraten und schließlich zum Frühjahr 2008 von der Landesbank Baden-Württemberg übernommen worden.
Bis zum Sommer 2007 seien den SLBE-Papieren in mehreren Analysen und Expertisen «keine bemerkenswerten Risiken» attestiert worden, sagte Petersen. Refinanzierungsprobleme beim Kernprodukt «Ormond Quay» habe es erst durch Medienberichte über eine angebliche Sonderprüfung der Bankenaufsicht BaFin gegeben, bei der es sich eigentlich um eine routinemäßige Kontrolle gehandelt habe.
Petersen nannte das zunächst viele Jahre Gewinn bringende Dublin-Geschäft der Sachsen LB «existenziell» für die einstige Landesbank. Keine Angaben machte er darüber, wer aus seiner Sicht für das Debakel der Landesbank verantwortlich ist. Eine solche Bewertung wolle er nicht vornehmen.
Linke-Ausschussobmann Klaus Tischendorf bescheinigte Petersen, überzeugend dargelegt zu haben, «wie umfassend alle Gremien der Landesbank über Risikogeschäfte seit 2006 informiert gewesen sind». Damit sei «die Behauptung nicht haltbar, dass auf politischer Ebene keine Informationen über die halsbrecherischen Geschäftsmanöver der irischen Landesbank-Tochter angekommen sind». Er gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft, die derzeit gegen fünf ehemalige Vorstandsmitglieder der Sachsen LB ermittelt, dies berücksichtige.
FDP-Ausschussobmann Andreas Schmalfuß sagte nach der Zeugenvernehmung, dass sich für ihn nun «in neuer Schärfe» die Frage nach der Mitverantwortung des Verwaltungsrats stelle: «Neben der Haftung der Sachsen-LB-Vorstände und etwaigen Schadenersatzansprüchen gegen sie muss nun auch die Rolle der Verwaltungsräte unter die Lupe genommen werden.»
CDU-Amtskollege Günther Schneider führte hingegen an, dass nach Aussage Petersens «selbst der Vorstand der Sachsen LB Risiken in der eingetretenen Größenordnung ausgeschlossen hatte». Es sei deshalb unzutreffend zu behaupten, dass die Aufsichtsgremien der Bank über die mit den Kapitalmarktgeschäften verbundenen Risiken informiert gewesen seien.
Petersen war 2001 von der Deutschen Bundesbank zur Sachsen LB gewechselt. Schließlich wurde er Nachfolger des langjährigen SLBE-Vorstands Claus Wilsing, der Ende 2005 ausschied. Inzwischen arbeitet Petersen in der neuen Sachsen Asset Management GmbH (SAM). Diese Gesellschaft soll die Verwaltung der Wertpapiere kontrollieren, deretwegen Sachsen ein Verlust von bis zu 2,75 Milliarden Euro droht. In dieser Höhe bürgt der Freistaat für mögliche Verluste der früheren Sachsen LB.
(Quellen: Petersen vor dem Ausschuss; Schmalfuß, Tischendorf und Schneider in Mitteilungen)
von Tino Moritz
ddp/tmo/muc
251700 Aug 08