Karl Nolle, MdL

Agenturen dpa, 16:48 Uhr, 13.10.2008

Zeuge: Landesbank-Gremium nicht komplett über Risiken informiert

 
Dresden (dpa/sn) - Der Verwaltungsrat der Landesbank Sachsen war nach Aussagen des Wirtschaftsprüfers Dirk Müller-Tronnier (Ernst & Young) nicht vollständig über Risiken aller Geschäfte informiert. Die Risikolage der gesamten Bank sei «nicht abgebildet» worden, sagte er am Montag im Untersuchungsausschuss des Landtages zur Sachsen LB. «Wie es dazu kam, ist unerklärlich.» Allerdings räumte der Experte auch mit der Legende auf, wonach die Gremien der Bank über die Entwicklung außerbilanzieller Geschäfte völlig ahnunglos waren. Die Informationen über das Gesamtvolumen von Fonds wie Ormond Quay hätten vorgelegen.

SPD-Obmann Karl Nolle sah im Anschluss «die Legende endgültig gescheitert, das Desaster der Landesbank sei ausschließlich von den Vorständen wegen Nichtinformation der Gremien zu verantworten». Es habe eine «Personenidentität wie Informationskontinuität» über die besondere Konstruktion und Risiken des Ormond Quay bis in die Spitze der Aufsichtsgremien der Bank gegeben. Allerdings sei das folgenlos geblieben. «Es herrschte also ruinöser Dilletantismus auf beiden Seiten.»

Müller-Tronnier wies darauf hin, dass die Immobilienkrise in den USA spätestens im März 2007 ein Thema in den Medien war. «Man hätte zumindest ahnen können, dass sich etwas tut, was nicht in die richtige Richtung geht.» Ernst & Young hatte für das sächsische Finanzministerium ein Gutachten zur Landesbank erstellt und im März dieses Jahres vorgelegt. Danach sah Sachsens Regierung bei sich selbst keinerlei politische Verantwortung für die Krise.

SPD-Obmann Nolle stellte am Montag die Objektivität der Analyse in Frage. Müller-Tronnier widersprach: «Ein Gutachten von uns ist ein neutrales Gutachten.» Gleichwohl machte er deutlich, dass dessen Zusammenfassung vom Finanzministerium selbst formuliert wurde. «Der von der Staatsregierung bei Ernst & Young in Auftrag gegebene Persilschein ist vollkommen wertlos», urteilte FDP-Obmann Andreas Schmalfuß.

Die Sachsen LB stand 2007 nach Spekulationen ihrer Dubliner Tochter auf dem US-Hypothekenmarkt vor dem Aus und konnte nur durch einen Notverkauf an die Landesbank Baden-Württemberg gerettet werden. Sachsen bürgt bei Ausfällen mit bis zu 2,75 Milliarden Euro. Die Bank sei einen schnellen Tod durch fehlende Liquidität gestorben. Sie hätte auch einen langfristigen Tod über die Ertragslage sterben können, sagte der Präsident des Ostdeutschen Sparkassenverbandes, Carl Friedrich Holtmann, als zweiter Zeuge im U-Ausschuss. Auch er sei dem Irrtum unterlegen, das «man Liquidität jederzeit bekommen kann» und habe das Modell in Dublin für tragfähig gehalten.

Die CDU sah nach der Vernehmung von Müller-Tronnier die Staatsregierung entlastet. «Der Verwaltungsrat der Sachsen LB, dem auch Regierungsmitglieder angehörten, konnte die Tragweite des Dubliner Kapitalmarktgeschäftes nicht ermessen, weil ihm die hierfür erforderlichen Informationen fehlten», erklärte CDU-Obmann Günther Schneider. Es sei an der Zeit, die Beweisaufnahme im Untersuchungsausschuss zu schließen und sich stattdessen der aktuellen Finanzmarktkrise zuzuwenden.

dpa su yysn z2 sb
131648 Okt 08

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