sueddeutsche.de, 22.10.2008
CSU, Huber und die Landesbank - Der schwarze Filz brennt
Ein Kommentar von Hans-Jürgen Jakobs
Erwin Huber steht für die größte Geldvernichtung in der bayerischen Geschichte. Seine letzten Tage als Finanzminister und als CSU-Chef machten mehr als deutlich: Huber war reif für den Rücktritt. Überreif.
Es waren beschämende letzte Tage für Erwin Huber. Letzte Tage als Vorsitzender einer Partei, die sich mit dem Freistaat Bayern verwechselt hat und in einer Art Monopolwirtschaft Interessenpolitik betrieb.
Und letzte Tage als Finanzminister, der ein großes Rad drehen durfte, nicht zuletzt an der Spitze des Verwaltungsrats der Bayerischen Landesbank.
Dass dieses öffentliche Institut jetzt 6,4 Milliarden Euro braucht, ist eine Nachricht, die vielleicht schon vor der Landtagswahl am 28. September hätte erscheinen können - wenn es der Oberkontrolleur und die Seinen so genau hätten wissen wollen. Aber bis zu eben jenem 28. September herrschte Hubers CSU mit erdrückend absoluter Mehrheit.
Es galt das Gesetz des schwarzen Filzes. Überall in der Gesellschaft saßen aufstiegsorientierte Menschen mit CSU-Parteibuch, vom Bayerischen Rundfunk bis zur Bayerischen Landesbank.
Das schwarze Parteibuch gab auch der um Aufklärung kämpfende Sparkassenpräsident Siegfried Naser erst jetzt zurück, Wochen nach Hubers Wahldesaster und der Entmachtung der CSU.
Risiko war kein Thema
Erst jetzt, nach dem Ende des schwarzen Monopols wird der Blick frei auf das ruinöse Treiben der CSU-Herrschaftsclique - und Finanzminister Huber tritt zurück.
Jahrelang hatte er sich freuen können über die stolzen Gewinnzuweisungen seiner Landesbank, die dem Haushalt des Landes so guttaten. Die Spezialisten der Bank spekulierten einigermaßen erfolgreich an der Märkten herum, Risiko war kein Thema.
Als dann der Schlick sichtbar wurde, der ganze Handel mit toxischen Papieren der US-Hypothekenszenerie, da hat Verwaltungsrat Huber abgewiegelt und wohl auf Zeit gespielt. Die Milliarden-Lasten erst genannt, als es unvermeidlich war. Leider wurden es dann sehr viele Milliarden.
Zu viele jedenfalls, um Erwin Huber im Amt zu halten. Wie hätte der Niederbayer künftig ernsthaft eine Haushaltskonsolidierung erklären können, wo er doch für die größte Geldvernichtung in der bayerischen Geschichte steht?
Seinem Dauerrivalen Horst Seehofer, der ihn in der Parteileitung beerbt, dürfte es insgeheim überhaupt nicht unlieb sein, wenn er als Ministerpräsident diesen Minderleister nicht mehr im Kabinett führen muss.
Jetzt kann Seehofer glaubhaft einen Neuanfang wagen - ohne jenen Mann, dessen rhetorische Gladiolen ihm einst den Aufstieg in der CSU brachten und der dann einige Monate zu lange das Peter-Prinzip getestet hat.
Dieses Prinzip besagt ja in seiner schönen Klarheit, dass jeder bis zur Stufe der erwiesenen Unfähigkeit hoch befördert wird. Huber war reif für den Rücktritt.
Die Bayerische Landesbank hat in der jahrzehntelangen CSU-Herrschaft schon viele Skandale durchlebt. Mal wurde in Singapur fehlspekuliert, dann wieder im Immobiliengeschäften in Ostdeutschland Geld verloren.
Der Mist unter dem Teppich
Doch weil die Christsozialen ihren Freistaat ganz und gar vereinnahmt hatten, konnten sie jedes Mal sagen: "Augen zu und durch!“ Das war praktizierte Liebe am Nächsten.
Am tollsten trieb es Erwin Huber. Er half in der einstigen Spezlwirtschaft dem konservativen Medienunternehmer und Unionsfreund Leo Kirch, einen eindrucksvollen Milliardenkredit für die Formel 1 von eben jener Bank zu erlangen, die zum Symbol für Casinokapitalismus geworden ist - der Bayerischen Landesbank. Kirch ging pleite, und das von der CSU dominierte Geldinstitut konnte sehen, wie es an sein Geld kam.
Im Bundestagswahlkampf 2002 hatte der damalige Kanzlerkandidat Edmund Stoiber somit eine schwere Bürde. Doch mit der Zeit ging der Fauxpas unter, und Erwin Huber konnte weiter werkeln wie eh und je. Das Land gehörte ja der CSU in Erbpacht, was konnte ihm da schon passieren? Huber schwärmte Investoren gegenüber vom "blue sky in Bavaria“ und nahm seinen unaufhörlichen Aufstieg.
Nun ist die Zeit für ein paar Wahrheiten. Nun brennt der schwarze Filz. Die Wähler haben der CSU auf ihre ganz eigene Weise mitgeteilt, dass es genug sei mit dem blau-weißen Absolutismus; in der Bayerischen Landesbank lässt sich der Mist nicht mehr unter dem Teppich halten. Die FDP, Koalitionspartner in spe, ist entsetzt. Fast zwei Milliarden soll die Skandalbank ja in der zusammengebrochenen isländischen Finanzlandschaft verloren haben.
Eines Tages, wenn diese Weltwirtschaftskrise vorbei ist, wird die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung Kongresse zum Thema Finanzmacht und Ethik veranstalten. Und dann wird Erwin Huber erzählen, wie das war, damals, als sein Land viele Milliarden und er viele Ämter verloren hat.
(sueddeutsche.de/buma/odg)