Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, online, 05.11.2008

Zeugenbefragung à la James Bond

Mit großem Aufwand sichert der Landtag die höchste Geheimhaltungsstufe des Untersuchungsausschusses.
 
Ein Affentheater war das.“ Gewohnt markant machte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle gestern nach einem arbeits-, aber auch abwechslungsreichen Tag seinem Ärger Luft. Da hatte er gerade, wie die übrigen Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum „Sachsen-Sumpf“, einen fast sechsstündigen Befragungs-Marathon im Landtag hinter sich – unter James-Bond-reifen Bedingungen.

Zugeklebte Fenster, verzerrte Stimmen, abhörsichere Mikrofonanlage, bewaffnete Personenschützer – der Landtag hatte aufgerüstet wie noch nie. Das Problem: Nicht nur die Akten dieses Untersuchungsausschusses unterliegen der höchsten Geheimhaltungsstufe, sondern auch die Zeugen – allesamt aktive oder ehemalige Mitarbeiter eines inzwischen zwar landesweit bekannten, aber längst aufgelösten Verfassungsschutz-Referats. Über mehrere Jahre hatten dessen Mitarbeiter fleißig eine Datensammlung angelegt – zu möglichen Verstrickungen zwischen Justiz, Mafia, Politik und Rotlicht, die schließlich in die „Sachsensumpf-Affäre“ mündeten.

Doch die Abgeordneten bekamen gestern nur einen der sechs geladenen Zeugen überhaupt zu Gesicht. Das lag nicht nur daran, dass zwei aus gesundheitlichen Gründen absagten. Die übrigen Zeugen bekamen nicht einmal die Mitglieder des Aufklärungsgremiums zu sehen, geschweige denn die Öffentlichkeit – nach neun Minuten netto mussten alle Journalisten den Raum verlassen und beobachteten ein in Dresden bisher einmaliges Szenario: Der gesamte Ausschuss zog um in einen Raum, dessen Glasfronten mit einer Milchglasfolie blickdicht verklebt waren. Vor dem Eingang verdeckte zudem eine spanische Wand neugierige Blicke auf Ein- und Ausgehende. Zutritt für Mitarbeiter nur nach Passkontrolle.

Die Namen der Zeugen wurden codiert, um sie nicht zu gefährden, aber auch, um die bisherige und künftige Arbeit der Verfassungsschützer zu schützen. Der Trick: In einem geheimen Nebenraum nahm ein Zeuge an einer Mikrofonanlage Platz, die mit hochkarätigem Abhörschutz gesichert war, den auch die Kanzlerin verwendet. Im Landtag kam zudem ein Stimmenverzerrer zum Einsatz. Allerdings nicht ganz pannenfrei: Die Aufklärer kämpften mit Pfeifgeräuschen durch Rückkopplungen.

Kritik an Regierungversion

Die Tages-Ausbeute der krimireifen Befragung: Linkspartei und SPD sehen sich darin bestätigt, dass an der Datensammlung der Verfassungsschützer mehr dran ist. „Es gab Hinweise auf erhebliche Kriminalität“, so Caren Lay (Linkspartei). Karl Nolle sieht die Regierungsversion widerlegt. „Es hat sich bei all diesen Hinweisen nicht nur um Märchen gehandelt, es wurde nur nicht zu Ende ermittelt.“ Die CDU schwieg – mit Hinweis auf die strenge Geheimhaltungspflicht.
Von Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
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