LVZ, 08.11.2008
Betrugsverdacht im thüringischen Beteiligungsunternehmen Wabio KG
Die Stadtwerke Leipzig (SWL) sind ins Visier der Chemnitzer Staatsanwaltschaft geraten.
Leipzig (A. T.). 20 bewaffnete Beamte haben die Unternehmenszentrale in der Eutritzscher Straße durchsucht und zahlreiche Akten beschlagnahmt.
„Sie standen kurz vor zehn Uhr in legerer Kleidung vor unserem Haupteingang“, erzählt ein Augenzeuge der Aktion vom Donnerstag. Dann seien die Männer plötzlich in das Gebäude gestürmt und hätten bis 18 Uhr alle wichtigen Büros durchsucht. „Sie waren bei den beiden Geschäftsführern, beim Leiter der Rechtsabteilung, beim Generalbevollmächtigten sowie in den Bereichen Finanzen und Controlling.“
Gesucht wurden Unterlagen zu Vorgängen der Firma Wabio KG. Diese war von den Stadtwerken im Dezember 2003 gemeinsam mit Jochen Auerbach und Raphael Fitz gegründet worden, um aus Biomasse kostengünstig Energie und Kraftstoffe herzustellen. Weil die Pilotanlage im thüringischen Bad Köstritz nicht wie geplant produzierte, waren die Kosten explodiert (die LVZ berichtete).
Während sich die Ermittlungen der Chemnitzer Staatsanwälte in Leipzig gegen den von den Stadtwerken bestellten kaufmännischen Wabio-Geschäftsführer Carsten Birr richten, wurden zeitgleich in fünf anderen Orten privat Wohnungen und Geschäftsräume durchsucht – unter anderem in Thüringen und Bayern. „Es geht um den Verdacht des Betruges und der Untreue“, sagte gestern Christian Goltz, Sprecher der Staatsanwaltschaft Chemnitz. Unter anderem werde geprüft, ob die Wabio-Gesellschafter Auerbach und Fitz finanzielle Mittel zwischen ihren Gesellschaften verschoben haben, um Liquiditätsprobleme im Schneeballsystem zu stoppen.
Außerdem steht der Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Raum. So wurde bereits Anfang 2007 ein Insolvenzantrag gestellt, der aber dann von der gemeinsamen Wabio-Geschäftsführung wieder zurückgezogen worden ist. Die Einkaufsabteilung der SWL hatte als Dienstleister für die Wabio die Aufträge zum Bau des rund 16 Millionen Euro teuren Bio-Kraftwerks ausgelöst. Auch alle wesentlichen Kontenbewegungen liefen über die Finanzabteilung der SWL, ebenso das Controlling.