Karl Nolle, MdL

Süddeutsche Zeitung, 26.11.2008

Tillich in Bedrängnis

Der Ministerpräsident hätte kein Beamter werden können
 
Dresden - In der Diskussion um die DDR-Vergangenheit des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich geraten nun auch rechtliche Aspekte ins Blickfeld. So wird in Justizkreisen des Freistaates darauf hingewiesen, dass der CDU-Politiker, wenn er ein gewöhnlicher Landesbeamter hätte werden wollen, nach dem Sächsischen Beamtengesetz womöglich Schwierigkeiten bekommen hätte, in den Staatsdienst übernommen zu werden.

Konkret genannt wird in diesem Zusammenhang der Paragraf 6 des Beamtenrechts, in welchem es um die "persönlichen Voraussetzungen" eines Beamtenanwärters geht. In dem Passus werden verschiedene Berufs- und Karrierestationen der DDR-Zeit aufgezählt - etwa die Mitgliedschaft "in herausgehobener Funktion von Parteien und Massenorganisationen, der bewaffneten Organe und Kampfgruppen sowie sonstiger staatlicher oder gemeindlicher Dienststellen". Für Personen, die solche Positionen einst bekleidet hätten, gilt nach dem Beamtengesetz die Vermutung, "dass sie die für die Berufung in das Beamtenverhältnis erforderliche Eignung nicht besitzen".

Nach der Bewertung von Verwaltungsjuristen wäre Tillich damit gewissermaßen unter eine "Kann-Bestimmung" gefallen - seine Übernahme ins Beamtenverhältnis hätte eigens geprüft werden müssen. Erst am Montagabend hatte der Ministerpräsident in einer fünfseitigen persönlichen Erklärung zu seiner Vergangenheit Stellung genommen. "Ich gehe damit ganz offen um", lautete die Überschrift, dann folgten viele Worte zu seiner persönlichen Situation als Abkömmling einer katholisch geprägten sorbischen Familie. Darüber, dass sein Vater ein leitendes Mitglied in der örtlichen SED gewesen war, verlor Tillich indes kein Wort. Auch wird aus seinem Lebenslauf nicht klar, unter welchen Bedingungen er in die DDR-CDU eingetreten war.

"Reservekader" der DDR

Nach den Worten des Ministerpräsidenten hatte er "Ruhe vor der SED" haben wollen. Aus dem in 1987 verfassten "Ausbildungsprogramm" für ihn als "Reservekader" geht hingegen hervor, dass der Eintritt in die CDU offenbar die Voraussetzung für die angestrebte leitende Funktion im Rat des Kreises
Kamenz gewesen war. Zu Tillichs Ausbildungsprogramm gehörte der Besuch der CDU-Parteischule im Herbst 1988 sowie ein "Teilstudium" an der Handelshochschule Leipzig in den "Lehrgebieten Leitung der sozialistischen Wirtschaft und sozialistisches Recht", das im September 1987 begann. Anfang 1989 folgte dann der Kursus an der DDR-Kaderschmiede in Potsdam. Wenig später führte Tillich als CDU-Kandidat die Kreistagsliste der "Nationalen Front" an, auf Platz 7 folgte sein Vater - für die SED.
Von Christiane Kohl

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