Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 26.11.2008

Tillich wirbt um Verständnis für DDR-Biografien

Sachsens Regierungschef: Nicht jeder war Mitläufer / Aufarbeitung nötig
 
Dresden/Leipzig (maj/rh/J. K./ S. H.) Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) hat erneut Vorwürfe zurückgewiesen, er gehe nicht offensiv genug mit seiner DDR-Vergangenheit um. Gegenüber der Leipziger Volkszeitung warb Tillich zugleich um Verständnis für die Biografien der Menschen vor der Wende. Tillich stellte klar, dass es vielfältige Differenzierungen zwischen Opposition und SED-Karriere gab und warnte vor Pauschalisierungen. Wenn man DDR-Bürger als Mitläufer bezeichne, nur weil sie in der DDR gelebt haben, sei das nicht korrekt. Es habe auch nicht 40 Jahre lang eine homogene DDR gegeben. Das müsse man beachten.

Die Beurteilung der Lebensverhältnisse vor der Wende sei längst nicht abgeschlossen, die Aufarbeitung müsse weitergehen. Das gelte auch für die Rolle der CDU zu DDR-Zeiten. Er persönlich habe aus seiner Vergangenheit nichts zurückgehalten: „Wer wollte, konnte meine Biografie lesen.“ Zum Auslöser der Debatte, den SPD-Landtagsabgeordneten Karl Nolle, wollte der Ministerpräsident nichts sagen.

Zugleich äußerte Tillich Verständnis, dass mit seinem Amt als Regierungschef auch das Interesse an seiner Biografie gestiegen ist. Seine persönliche Erklärung vom Vortag habe eine Flut an Reaktionen ausgelöst. Das Echo sei dabei geteilt. Es gebe sehr viele Leute, die ihm beipflichten würden, dass diese Offenheit gut sei. Es gebe aber auch kritische Stimmen. Sachsens früherer Innenminister Heinz Eggert (CDU) stellte in einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung klar: „Tillich ist kein Täter. Er war allenfalls in den letzten Monaten der DDR ein Mitmacher.“ Dies sei zwar kein Ruhmesblatt gewesen. Dennoch sei er heute ein tragbarer, vertrauenswürdiger Mann.

Die Debatte um DDR-Biografien hat inzwischen die gesamte Sachsen-Union erreicht. Nach Regierungschef Tillich sind nun auch weitere Kabinettsmitglieder in die Offensive gegangen. So sagte unter anderem Sozialministerin Christine Clauß, sie sei 1984 in die Ost-CDU eingetreten, um weiteren Repressalien infolge eines Ausreiseantrags zu entgehen. CDU-Fraktionschef Steffen Flath begründete seinen Eintritt 1983 damit, dass er sich weiteren SED-Anwerbeversuchen entziehen wollte.

Stasi-Unterlagen-Behördenchefin Marianne Birthler warnte indes davor, die Ost-CDU als verkappte Opposition zu verklären. © Leitartikel/Seite4

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