Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 27.11.2008

Thierse: Tillich verstrickt sich mit DDR-Karriere in Widersprüche

 
Berlin/Dresden. Die Debatte um die Rolle ostdeutscher CDU-Mitglieder im früheren Machtapparat der DDR verläuft weiter kontrovers.

Der Direktor der Stasiopfer-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, erklärte: „Wir brauchen keine ehemaligen DDR-Funktionäre in der Politik, sondern Menschen mit Demokratiebewusstsein und Zivilcourage.“ Hätte Sachsens CDU diese Einsicht beherzigt, bräuchte sie sich jetzt nicht mit der Kritik an der Vergangenheit von Ministerpräsident Stanislaw Tillich herumzuschlagen. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) warf Tillich Widersprüche vor. Einerseits gestehe er ein, dass die Ost-CDU Teil des DDR-Systems gewesen sei. Andererseits verwahre er sich dagegen, nachträglich zum Unterstützer des SED-Regimes gemacht zu werden. „Eine Mitgliedschaft in der CDU war kein Akt des Widerstandes gegen das SED-Regime, sondern die Blockpartei war Teil dieses Systems. Sie diente der Stützung des Staatsapparates.“ Tillich sei kein einfaches CDU-Mitglied gewesen, sondern habe in ihr Karriere gemacht.

Sachsens früherer Innenminister Heinz Eggert (CDU) relativierte dagegen seine Kritik an Tillich. Wenn dieser 1990 für ein politisches Amt kandidiert hätte, wäre er tatsächlich „gegen ihn gewesen“, sagte Eggert. Doch müsse man die Kirche im Dorf lassen und dürfe Tillichs neunmonatigen Chefposten beim Rat des Kreises Kamenz nicht überbewerten. Heute kenne er Tillich durch dessen fast 20-jährige Nachwende-Arbeit wesentlich besser. „Diese persönliche Einzelfallprüfung hat er bestanden. Er hat mein volles Vertrauen und gehört in das Amt des Ministerpräsidenten.“

Heinz Eggert sieht in der aktuellen Kritik an Tillich ebenfalls einen Ost-West-Konflikt. „Zurzeit läuft gerade eine westliche Generalverdachtswelle in unsere Richtung. Offenbar darf im Osten einfach nichts normal sein.“

Sachsens langjähriger Ausländerbeauftragter und heutiger CDU-Landtagsabgeordneter Heiner Sandig sagte, er selbst sei zu DDR-Zeiten nie auf die Idee gekommen, in die CDU einzutreten. Allerdings warnte er vor einer generellen Verurteilung von einstigen Mitgliedern der Ost-CDU. Dort habe es genau so schlechte und gute Menschen gegeben wie unter den Parteilosen in der DDR. (SZ/gs/dpa)

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