Sächsische Zeitung, 28.11.2008
Blockflöten-Affäre: SPD will Ost-West-Debatte vermeiden
Karl Nolle, der Ankläger,der aus dem Westen kam, weist alle Kritiker strikt zurück.
Kurz vor Weihnachten soll es im Handel sein: Ein Buch mit 100 DDR-Biografien sächsischer Politiker, dokumentiert auf 200 Seiten.
Der Autor
Karl Nolle, Druckereibesitzer und SPD-Landtagsabgeordneter, erntet für das unveröffentlichte Werk schon heute viel Kritik. Vor allem, nachdem er vorab auch die umstrittene DDR-Karriere von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) beim ehemaligen Rat des Kreises Kamenz publik machte.
Viel zu undifferenziert sei seine reine Datensammlung von ostdeutschen Lebensläufen, heißt es nicht nur beim politischen Gegner. Auch etliche Bürger fühlen sich angegriffen. Nicht zuletzt deshalb, weil Nolle erst nach der Wende von Hannover nach Dresden kam und nun eifrig über das Leben in der DDR resümiert. Nolle weist dagegen seine Kritiker entschieden zurück. Die Geschichte der Griechen könne ja auch nicht von den Griechen selbst geschrieben werden, hält er gegen.
Und dass seine Vorwürfe gegen die Blockflöten in der CDU, die heute wieder das Sagen hätten, zu einem dumpfen Ost-West-Konflikt umgedeutet werden, gehe schlicht am Thema vorbei. Nach wie vielen Jahren sei man eigentlich noch Wessi, fragt der Wahlsachse zurück. „Dass ich als Ex-Wessi nichts sagen darf, ist unakzeptabel.“ Auch beim bösen Verdacht, dass er Tillich nur ins Visier nimmt, um nach Kurt Biedenkopf und Georg Milbradt den dritten CDU-Regierungschef zu Fall zu bringen, winkt er ab. Über CDU-Blockflöten habe er schon gewettert, als es einen Ministerpräsidenten Tillich noch gar nicht gab.
Sachsens SPD, die mit Tillich am Kabinettstisch sitzt, hält sich unterdessen bei dem Thema auffällig zurück. Der Blockflöten-Streit kommt ihr ein Jahr vor der Landtagswahl nicht ungelegen. Intern zittert man aber, ob Nolle am Ende nicht doch zu viele Ostdeutsche gegen sich und damit gegen die SPD aufbringt. Das machte Parteichef Thomas Jurk Nolle in einem lautstarken Gespräch klar. Offiziell schweigt sich Jurk aus. Die Lage in der Koalition sondierte er dafür am Mittwoch bei einem Treffen mit Tillich. Andere SPD-Spitzen sehen die wie folgt: „Nolle braucht man als Opposition, für eine Regierungspartei ist er ein absoluter Fehlgriff.“ Aber auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Gunter Weißgerber ist mit Nolle eher unzufrieden. „Gutes Thema, aber für die Landtagswahl viel zu früh.“
Von Gunnar Saft