Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 22.12.2008

Warum Qimonda erstmal wieder durchatmen kann

Der Speicherchiphersteller mit 3000 Mitarbeitern in Dresden hat unerwartet Hilfe aus Portugal bekommen. Die endgültige Rettung ist das aber nicht.
 
Dresden. Die rund 3000 Mitarbeiter des Dresdner Qimonda-Werk können erstmal wieder durchatmen. Nach dem gescheiterten Rettungspaket vom vergangenen Dienstag wurde in aller Eile ein neues geschnürt. Das war nur mithilfe Portugals möglich. Nun fließen 325 Millionen Euro Liquidität in das schwer angeschlagene Unternehmen.

Woher kommen die 325 Millionen Euro?

Die Finanzhilfe speist sich aus drei Quellen.

1. Freistaat Sachsen: Die Landesregierung ist nach Angaben von Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) bereit, ein Darlehen von 150 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Dem muss der Landtag aus haushaltsrechtlichen Gründen noch zustimmen. Unklar ist auch noch, ob Jurk den Kabinettsbeschluss vom Dienstag nicht unterlaufen hat, da das alte Hilfsangebot Sachsens vom Qimonda-Mutterkonzern Infineon 150 Millionen einforderte – nun aber nur 75 Millionen Euro gezahlt werden. Qimonda teilte ferner mit, es könne zusätzlich eine Bürgschaft von Bund und Land über 280 Millionen Euro erhalten. Davon befänden sich „150 Millionen Euro in fortgeschrittenen Verhandlungen hinsichtlich der Finanzierung.“

2. Infineon Technologies AG: Der Logikchiphersteller Infineon hält 77,5 Prozent an Qimonda. Die will er loswerden, hat aber noch keinen Käufer gefunden. Die Idee, Teile der Aktien Sachsen zu überlassen, ist Infineon-Chef Peter Bauer zufolge vom Tisch. Sein Unternehmen werde sich mit 75 Millionen Euro beteiligen, das sei „die Grenze der Belastbarkeit“. Der Konzern leidet selbst schwer unter der Chipkrise. Sein sonst profitables Logikchipgeschäft war im vierten Quartal des Geschäftsjahres 2007/08 ins Minus gerutscht.

3. Portugal: Laut Qimonda kommen 100 Millionen Euro „von einem führenden Kreditinstitut in Portugal“. Nach SZ-Informationen handelt es sich um die „Caixa-Banco de Investimento“ (Caixa-BI), die komplett dem portugiesischen Staat gehört. Der hat ein großes Interesse an der Hilfe, da das Qimonda-Werk in Porto (siehe unten stehender Artikel) der bedeutendste Exporteur des Landes ist. Regierungschef Jose Socrates, Generalsekretär der portugiesischen Sozialisten, soll höchstpersönlich mit verhandelt haben. Sollten in dem Dresdner Qimonda-Werk die Lichter ausgehen, sind in Portugal 4000 Arbeitsplätze gefährdet.

Wozu wird das Geld Verwendet?

Zunächst sichern die 325 Millionen Euro dringend notwendige Liquidität. Es ist daher ein Betriebsmitteldarlehen. Es soll für die Fortentwicklung der in Dresden entwickelten Buried-Wordline-Technologie (BWL) eingesetzt werden, die eine Massenproduktion von energiesparenden Chips ermöglicht, wie sie in der Welt bislang einzigartig ist. Der endgültige Durchbruch von BWL für Chips von 46 Nanometern soll im Sommer 2009 erfolgen. Qimonda hat in diese Entwicklung bereits 150 Millionen Euro gesteckt. Zudem will Qimonda die Forschung in Porto verstärken. Jurk: „Wir dürfen nicht zulassen, dass das Wissen zur Fertigung von Computerspeichern Europa verloren geht.“ Qimonda-Aufsichtsratschef Peter Fischl: „Wir sehen die Achse Dresden–Porto als die entscheidende Achse für das Wachstum.“

Wird der Stellenabbau nun Gestoppt?

Gestern wurde erneut laut darüber nachgedacht, ein neues Modul zur Serienfertigung von 46 Nanometer-Chips zu bauen. Dann könnten wieder 450 bis 500 Jobs entstehen. Das ist freilich kein Trostpflaster für jene 950 Mitarbeiter, die Qimonda bis Frühjahr 2009 verlassen müssen. Auf eine Jobgarantie will sich Fischl nicht einlassen. Er gab jedoch „ein klares Bekenntnis“ zum Standort Dresden. Als Konzern (Logik- und Speicherchip-Fabrik) beschäftigt Infineon in Dresden rund 5000 Mitarbeiter.

Ist das Qimonda-Werk damit endgültig gerettet?

Es ist erstmal wieder Luft zum Atmen da, mehr aber auch nicht. Das Werk kann nur gerettet werden, wenn neben dem Technologiedurchbruch auch die Preise für Speicherchips auf dem Weltmarkt wieder anziehen. Zudem müsste zumindest ein Konkurrent aufgeben – etwa Elpida in Japan oder Hynix in Südkorea. Qimonda machte allein im letzten Quartal des Geschäftsjahres 2007/08 rund 500 Millionen Euro Verlust. Neue Zahlen kommen Mitte Januar.
Von Ulrich Wolf und Annette Binninger

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: