DNN/LVZ, 09.01.2009
Debatte um Chiphersteller
de Haas: Rettung nicht zerreden
Dresden (DNN). Die Debatte um das Rettungspaket für den Dresden Chiphersteller Qimonda reißt nicht ab. Gestern gab es scharfe Kritik aus der SPD an der Haltung der CDU. Dresdner Christdemokraten bekannten sich zur Bedeutung des Unternehmens für die gesamte Region, forderten aber gleichzeitig Bewegung auf Unternehmensseite. Belastet wird die Diskussion durch den beginnenden Wahlkampf für die Landtagswahlen Ende August. In der CDU gibt es die Sorge, sie müsse sich möglicherweise im Sommer für erhebliche Verluste rechtfertigen, falls das Unternehmen trotz Rettungspaket nicht überlebt. Gleichzeitig herrscht dem Vernehmen nach Unverständnis darüber, dass sich angesichts der strategischen Bedeutung des einzigen Speicherchipherstellers in Europa beispielsweise der Freistaat Bayern nicht ebenfalls an einem nationalen Rettungsplan beteiligt.
Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) und Finanzminister Georg Unland (parteilos) hatten am Dienstag nach einer Sitzung der CDU-SPD-Regierung zunächst die Koalitionsfraktionen informiert und dann öffentlich angekündigt, ab sofort konkrete Vertragsverhandlungen über ein 150 Millionen-Euro Darlehen des Freistaates zu führen. Das Mutterhaus Infineon will 75 Millionen und das Land Portugal 100 Millionen Euro beisteuern. Dazu sei ein Nachtragsetat sehr wahrscheinlich, aber nicht zwingend.
Einen Tag darauf machte der Chef der CDU-Landtagsfraktion Steffen Flath überraschend deutlich, er halte das Risiko eines Schiffbruchs für beträchtlich. „Wir dürfen nicht in die Rolle der Wirtschaft schlüpfen“, mahnte der Erzgebirger. „Der Freistaat sollte nur helfend zur Seite stehen.“ Infineon müsse sich stärker engagieren als bislang. Enttäuscht sei er auch von der EU und dem Bund. Die Tür sei aber nicht zugeschlagen. „Auch die CDU-Fraktion will, dass Qimonda am Standort Dresden erhalten bleibt“, erklärte Flath.
SPD: CDU gefährdet Hightech-Standort
Die Dresdner SPD-Vorsitzende Sabine Friedel kritisierte die Sachsen-CDU gestern für ihre Haltung. Bei der Sachsen LB sei mit Milliarden jongliert worden. „Bei der Hilfe für Qimonda, wo es um tausende Arbeitsplätze und abhängige Zulieferer in der Landeshauptstadt geht, stellt sich dieselbe CDU quer“, kritisierte Friedel. Sie fordert die Dresdner CDU-Landtagsabgeordneten und CDU-Oberbürgermeisterin Helma Orosz auf, sich für ihre Stadt stark zu machen. Die Sachsen-CDU gefährde sonst den Dresdner Hochtechnologiestandort.
Der Dresdner CDU-Kreischef Lars Rohwer zeigte sich gestern „nicht glücklich“ mit dem bisherigen Verhandlungsergebnis, weil damit noch kein Arbeitsplatz dauerhaft gesichert sei. „Qimonda hat auch Auswirkungen auf die Forschungslandschaft in Dresden, ein Aus würde sich auch auf die TU auswirken“, unterstrich er die strategische Bedeutung des Chip-Produzenten. „Die CDU will eine Lösung für Qimonda“, sagte der Landtagsabgeordnete, allerdings müsse sich der Konzern und seine Mutter Infineon noch bewegen. Es gehe um das Unternehmenskonzept, die Standortsicherheit und die finanzielle Beteiligung.
Rohwer hofft, dass die Verhandlungen zu einer Lösung kommen, der, wenn es notwendig sein sollte, der Landtag mit gutem Gewissen zustimmen kann.
Die Dresdner Landtagsabgeordnete Friederike de Haas forderte, den Verhandlungen die nötige Ruhe einzuräumen. „Ungewöhnliche Zeiten erfordern ungewöhnliche Maßnahmen“. Der Finanz- und der Wirtschaftsminister seien dafür da, in solchen Fällen Entscheidungen vorzubereiten. Eine öffentlich Debatte über jeden einzelnen Schritt schade der Angelegenheit eher. „Aufgeregtheiten nützen niemandem.“
Ingolf Pleil