Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 04.02.2009

300 Seiten zu Blockflöten und Wendehälsen

Der SPD-Abgeordnete Karl Nolle will brisante Details in den Ost-Biografien von CDU-Politikern aufdecken.
 
Im März könnte die Debatte um die DDR-Biografie von Sachsens CDU-Ministerpräsident Stanislaw Tillich eine Neuauflage erleben. Spätestens dann, so bekräftigt jetzt der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle, soll sein Buch über das Vorwende-Wirken vieler ostdeutscher CDU-Parteigrößen gegen eine Schutzgebühr von fünf Euro für jedermann erhältlich sein. Titel der Dokumentation: „Sonate für Blockflöten und Schalmeien.“

Karl Nolle tritt mit dieser Ankündigung erstmals Spekulationen entgegen, er habe sein Pulver bereits verschossen, als er im November Tillichs Tätigkeit als sogenannter Nomenklatur-Kader des DDR-Systems beim früheren Rat des Kreises Kamenz öffentlich machte und damit heftige Debatten um die politischen Biografien ostdeutscher CDU-Politiker auslöste. Seitdem wartet die Öffentlichkeit allerdings vergeblich auf sein bereits für Weihnachten 2008 angekündigtes Gesamtwerk. Drohende Klagen oder fehlendes brisantes Material wären nicht die Gründe für die Verzögerung, sagt Nolle. Das Gegenteil sei der Fall, er wolle nun mehr veröffentlichen als einst geplant, und das brauche Zeit. Aus 150 Seiten könnten bis zu 300 werden.

Liste mit bekannten Namen

So sollen in der Dokumentation neben den 95 parlamentarischen Anfragen zum Fall Tillich auch Teile des Schriftverkehrs auftauchen, den Tillichs Staatskanzlei mit einigen Medien führte, die sich über zögerliche oder gänzlich verweigerte Auskünfte zu Tillichs DDR-Biografie beschweren. Zudem will Nolle Dutzende E-Mails veröffentlichen, die er persönlich erhalten hat – positive und negative. Letztere vor allem deshalb, „um zu zeigen, auf welchem Niveau die Gegenseite argumentiert“. Dazu kommen die ohnehin geplanten über 100 Biografien von „Blockflöten“ und „Wendehälsen“, die aus Nolles Sicht „die Unehrlichkeit, das Selbstbelügen und die Scheinheiligkeit dokumentieren, mit der CDU-Größen seit der Wende mit der eigenen Vergangenheit umgehen“.

In dem Manuskript tauchen bekannte Namen auf: Neben Ministern auch Abgeordnete, Landräte und Oberbürgermeister. Darunter solche, die früher ein SED-Parteibuch in der Tasche hatten oder als CDU-Instrukteur arbeiteten. Eine Tätigkeit, die Nolle mit den früheren SED-Agitatoren vergleicht.

Gleich ganze Kapitel sind Personen wie dem langjährigen Chef des Landkreistages Andreas Schramm, dem amtierenden Landespolizeipräsidenten Bernd Merbitz, dem Präsidenten des Sächsischen Handwerkstages Joachim Dirschka oder Ex-Innenminister Heinz Eggert gewidmet. Letzterem hält Nolle einen inkonsequenten Umgang mit früheren Stasi-Mitarbeitern vor, denen er den Verbleib im öffentlichen Dienst ermöglicht hätte.

Angst vor juristischen Konsequenzen hat SPD-Mann Karl Nolle nicht. Er plane schließlich kein Meinungsbuch, sondern werde sich allein auf Belege, öffentliche Quellen und Zeitzeugen stützen. Dass sein Buch auch in den anlaufenden Wahlkampf eingreifen soll, gibt er ohne Umschweife zu. Er könne bei diesem Thema aber weder Herrn Tillich noch die CDU schonen.
Von Gunnar Saft

Karl Nolle im Webseitentest
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