Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 20.02.2009

Zastrows Schmusekurs

FDP-Chef präsentiert liberale Wende beim Demonstrationsrecht / Liebäugeln mit Schwarz-Gelb ab August
 
Dresden. Sachsens Liberale laufen sich warm fürs Mitregieren. Nachdem FDP-Chef Holger Zastrow vor zehn Monaten Schwarz-Gelb als Ziel ausgerufen hat, geht er jetzt beim Demonstrationsrecht auf Schmusekurs zur CDU. Damit hat er nicht nur einen Stolperstein fürs angepeilte Bündnis aus dem Weg geräumt. Er legt auch liberale Grundsätze ad acta – und die frühere Haltung seines Rechtspolitikers Jürgen Martens.

Ende März 2007 war für die FDP noch alles klar. Die von Justizminister Geert Mackenroth (CDU) geplante Einschränkung des Demonstrationsrechts, meinte Jürgen Martens damals vehement, sei „völlig unakzeptabel“. Demonstrationen gehörten zum „Kernbestand der Grundrechte“, das gelte selbst für rechtsextreme Aufmärsche. „Wer fundamentale Prinzipien einschränkt, weil er unschöne Bilder von Neonazis an bestimmten Orten auf anderen Wegen nicht zu verhindern weiß, hat politisch aufgegeben.“ Fazit: Der CDU-Vorstoß sei „juristisch halbgar und politisch trostlos“.

Mittlerweile aber hat sich der Wind gedreht. Nach den jüngsten Debatten um Neonazi-Aufmärsche und linke Randale in Dresden hat FDP-Chef Holger Zastrow eine neue Lesart offeriert. Der Kernsatz lautet: „Die FDP wird sich einer Diskussion über entsprechende Neuregelungen im sächsischen Versammlungs- und Demonstrationsrecht nicht verschließen.“ Zustände wie am 13./14 Februar an der Elbe müssten schlicht unterbunden werden. „Jetzt“, so Zastrows rechtsliberale Ansage, „geht es nicht mehr um Versammlungsfreiheit, sondern um die Verhinderung von Gewalt und Ausschreitungen“.

Ob sich beides mit Mackenroths Initiative wird verhindern lassen, ist fraglich. Entscheidend aber sind die politischen Folgen. Denn bisher galt es als ausgemacht, dass es im Falle von Schwarz-Gelb nach der Landtagswahl Ende August an mindestens zwei Stellen heftig knirschen dürfte: in der Schulpolitik – Stichwort längeres gemeinsames Lernen – sowie beim Thema Bürgerrechte. Denn hier lagen CDU und Liberale weit auseinander. Und so ließ vor allem Martens keine Gelegenheit aus, um die „Law-and- Order-Politik“ der CDU zu geißeln.
Zastrows Einsatz deutet hier eine Wende an. Zwar war seine neue Lesart mit Martens, der intern als heißer FDP-Anwärter für den Posten des Justizministers gilt, nicht abgesprochen. Dafür dürfte sie aber die Stimmung in der CDU heben. Denn beim jetzigen Koalitionspartner SPD ist Mackenroth bisher auf taube Ohren gestoßen.

Der CDU-Minister will Versammlungen an bestimmten Orten und Tagen verbieten – darunter an der Dresdner Frauenkirche. Kritiker haben hier verfassungsrechtliche Bedenken, und politisch ist der Ansatz ebenfalls fragwürdig. Denn wenn Hooligan-Touristen von rechts oder links außen Lust auf Randale haben, können sie Mackenroths Vorgaben problemlos umgehen – indem sie zwei Straßenzüge weiterziehen.
Von JÜRGEN KOCHINKE

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