Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 09.03.2009

„Noch einmal 9,8 Prozent geht nicht“

SPD stellt Weichen für Wahlen / Keine Koalitionsaussage, aber neue Sticheleien Nolles gegen CDU
 
Oschatz. Mit Wirtschaftsminister Thomas Jurk als Spitzenkandidat zieht die sächsische SPD in die Landtagswahl am 30. August. Auf dem Oschatzer Parteitag am Sonnabend wurde auch Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt.

Wieder 89. Thomas Jurk nimmt es mit Humor. Soeben hatten ihn die Delegierten auf dem Oschatzer Parteitag der SPD mit 89,9 Prozent zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt. 2004 erhielt er bei der Wahl zum ersten Listenplatz 89,7 Prozent und im November wurde er mit 89,1 Prozent wieder Parteichef. Mit Blick auf eine für die SPD desaströse Zahl hatte Jurk zuvor die Delegierten in der Oschatzer Stadthalle auf Wahlkampf getrimmt. „Noch einmal 9,8 Prozent geht nicht“, donnerte er vom Rednerpult. Auf ein konkretes Wahlziel wollte er sich nicht festlegen. „Es gibt einen Korridor von 15 bis 20 Prozent“, sagte Jurk auf Nachfrage. Die SPD wolle 20 Plätze auf ihrer Liste durchbringen, das entspräche rund 15 Prozent der Wählerstimmen.

Ähnlich schwammig bleibt die SPD auch in der Koalitionsaussage. Die Gretchenfrage mit den Linken? Jurk und Generalsekretär Dirk Panter wiegeln ab. Es werde keine konkrete Ansage geben, nur die Rechtsextremen stünden auf dem Index. Beide pochen auf eigene Stärken und verweisen auf das, in Oschatz einstimmig verabschiedete, Regierungsprogramm. Da gibt der offizielle Titel die inoffizielle Richtung vor – am liebsten würde die SPD weiter mitregieren.
Mit Genugtuung reagierte Jurk auf die Wahl der Landesliste. Zum ersten Mal gingen alle Kandidaten ohne Änderung durch. Nur um Platz 12 kam es zur Kampfkandidatur von Heiko Wittig (Nordsachsen) gegen Henning Homann (Mittelsachsen). Wittigs Kritik, dass die mittlere Generation in der SPD auf der Strecke bleibe, mit Seitenhieben auf den 29-jährigen Homann, verfing bei den Delegierten jedoch nicht. Er muss mit Platz 27 vorlieb nehmen. Außerhalb des Saals gibt es aber klammheimlich Zustimmung für ihn. „Die SPD besteht nur noch aus den Stadtverbänden Leipzig, Dresden und den Jusos“, sagte Dieter Lang aus Annaberg frustriert.

Nach Jurk folgen auf der Landesliste Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (94,9 Prozent) Fraktionschef Martin Dulig (89,9), Ex-Landrätin Petra Köpping (80,8) und Generalsekretär Panter (88,5). Leipzigs SPD-Chef Gernot Borris landet nur auf Platz 25. Jurk will das nicht als Ausbootung werten. „Es war eine schwierige Entscheidung, aber Leipzig ist stark vertreten.“
Das gilt vor allem für die Bundestagswahl mit Leipzigs Ex-OBM und Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee als Spitzenkandidaten. Die junge Leipzigerin Daniela Kolbe steht auf dem aussichtsreichen Listenplatz vier. In der zweiten Kampfkandidatur des Tages hatte sie sich gegen Simone Violka (Mittelsachsen) durchgesetzt.

Viel Zustimmung gab es für den notorischen Querulanten Karl Nolle (Landesliste Platz 14, 89 Prozent). Der hatte in seiner Rede erneut Attacken gegen Ministerpräsident Stanislaw Tillich, die CDU und deren Umgang mit DDR-Biographien geritten. Nolle kritisierte die „Doppelmoral der Märchenerzähler von der christlich-demokratischen Einheitspartei“ und stichelte gegen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer: „Vergebung setzt Aufrichtigkeit voraus, die kann ich nicht erkennen.

Berichte mit Vorwürfen über die eigene Verstrickung mit der SED vor 1989 als Druckereibesitzer in Niedersachsen wies er zurück. Er sei zwar links, hatte aber mit der SED nichts zu schaffen. „Ich habe nichts zu verbergen.“ Nolle kündigte gegenüber dieser Zeitung an, den Umgang mit DDR-Biographien auch im Wahlkampf zu thematisieren. Jurk wiegelt dagegen ab. „An einer Zuspitzung der Debatte bin ich nicht interessiert“, sagte er. Er begrüße auch ein Umdenken in der CDU. Jurk weiß aber auch, dass 20 Jahre nach dem Fall der Mauer das Thema aktuell bleibt. „Es gibt so viele Jahrestage, da wird die Diskussion automatisch weitergehen.“
Von ANDRÉ BÖHMER



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