Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.03.2009

Notverkauf ohne Alternative

Regierungschef Tillich vor U-Ausschuss zur Landesbank-Affäre / Nolle: Prämien zurückzahlen
 
Dresden. Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) hat den Notverkauf der SachsenLB als alternativlos bezeichnet. Obwohl der Freistaat eine Bürgschaft in Höhe von 2,75 Milliarden Euro habe akzeptieren müssen, sei das Verhandlungsergebnis eine sehr respektable Lösung, sagte er gestern im U-Ausschuss. Der sonst drohende Kollaps des Geldinstituts hätte weitaus mehr gekostet – einen zweistelligen Milliardenbetrag.

Am Anfang der Vernehmung stand ein kurzer Gang durch die Reihen. Als Stanislaw Tillich gestern Morgen den Konferenzsaal im sechsten Stock des Landtags betrat, begrüßte er alle per Handschlag – und einen besonders. SPD-Mann Karl Nolle, immerhin einer der schärfsten Kritiker des Regierungschefs, hatte am Sitzungstag Geburtstag, und Tillich ließ es sich nicht nehmen, dem Widersacher persönlich zu gratulieren. Es folgte ein wenig Smalltalk vor dem Wandteppich für die Kameramänner, dann setzte sich der Ministerpräsident an den Tisch, sortierte Papier – eine 23 Seiten starke Erklärung zum Thema.

Die Kernsätze darin lauteten: Tillich war erst ab Ende September, als er den unglücklichen Horst Metz (CDU) als Finanzminister ablöste, überhaupt mit der Landesbank und ihrer akuten Schieflage befasst; zu jener Zeit aber war die Grundsatzentscheidung zum Verkauf an die Landesbank von Baden-Württemberg (LBBW) längst gefallen. „Es stellte sich nicht mehr die Frage des Ob, sondern die Frage des Wie“, sagte Tillich. Und als sich Ende November 2007 die Lage auf den Finanzmärkten weiter verschärft hatte, sei es nur noch um einen Ausweg aus der Misere gegangen. Schließlich habe die Bankenaufsicht mit einem beinharten Ultimatum gedroht: der Schließung des Leipziger Geldinstituts, am 13. Dezember punkt 3 Uhr in der Nacht.

Das war die heimliche Botschaft des Regierungschefs. So sonor, ja fast ermüdend Tillich die letzten Wochen der SachsenLB beschrieb, so sehr war doch jedem klar, wie dramatisch die Szenerie war. Grund war das Treiben der Finanz-Hasardeure einer Landesbank-Tochter in Irland. Die hatten sich mit Hochrisikogeschäften in Höhe von bis zu 42 Milliarden Euro verzockt, allein ein einziger Krisenfonds brachte es auf 17,3 Milliarden. Als dieser im Sommer 2007 einbrach, riss er alle mit sich – nicht nur die Dubliner Dependance, auch die gesamte Landesbank. Dafür aber ist kaum Tillich verantwortlich zu machen, der nur die Scherben aufsammeln musste; viel eher trifft es die Kontrolleure und eine Handvoll längst zurückgetretener Würdenträger: neben Metz auch Ex-Regierungschef Georg Milbradt (CDU) sowie Ex-Bankvorstände wie Michael Weiss.
Dennoch kratzte der Ausschuss ein wenig an Tillichs Nobel-Version vom Verkauf als einer „sehr respektablen Lösung“.

Und mal wieder war es jener Karl Nolle, dem der Regierungschef zuvor noch gratuliert hatte, der kritische Fragen platzierte. Dabei geht es um den Vorwurf, die Ex-Banker hätten die Bilanzen von 2004 bis 2006 um einen dreistelligen Millionenbetrag geschönt – nach oben versteht sich. Hier räumte Tillich ein, dass Ende 2007 in der Tat ein Fehlbetrag festgestellt worden sei. Laut Nolle hat das einige Konsequenzen. Höhere Gewinne hätten einen Anstieg der Erfolgsprämien für die Banker zur Folge, die diese nun zurückzahlen müssten; auch seien zu viel Steuern gezahlt worden, und – im schlimmsten Fall – stehe gar der Deal mit der LBBW zur Disposition. Das aber wies Tillich zurück. Bei den Verhandlungen im Dezember 2007 sei das Problem allen Beteiligten bekannt gewesen, also auch der LBBW.
Von JÜRGEN KOCHINKE

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