Leipziger Volkszeitung, Borna-Gleithain, 02.12.2008
Einzelfälle und „kein kleines Licht"
Debatte um Ministerpräsidenten Tillich erreicht auch den Landkreis Leipzig
Borna (nn). Die Debatte um die Vergangenheit des sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) hat jetzt auch den Landkreis Leipzig erreicht. Der CDU-Kreisvorsitzende Georg-Ludwig von Breitenbuch erklärt, es komme immer auf den Einzelfall an. SPD-Kreistagsfraktionschef Karsten Schütze sagt, Tillich habe eine höhere Funktion gehabt. Linken-Kreischef Holger Luedtke forderte die Akzeptanz von DDR-Biografien.
Breitenbuch sagte, es müsse genau hingeschaut werden. Die CDU habe aber im Osten und damit auch im Landkreis Leipzig eine Tradition, „der wir uns stellen müssen". Es gehe um Transparenz. Zugleich betont Breitenbuch, der aus den alten Bundesländern stammt, es mache durchaus einen Unterschied, wenn jemand in der früheren DDR-Block-CDU war und damit nicht in der SED. Mit der Debatte um Ministerpräsident Tillich gebe es zweifellos den Anstoß für eine Diskussion dieses Themas.
Tillich war nach Überzeugung von Kreistagsfraktionschef Schütze keineswegs ein ganz kleines Licht. „Der hatte schon eine höhere Funktion." Er wisse jedenfalls nicht, ob die Mehrheit 1989 gewollt habe, dass bisherige Funktionsträger erneut entscheidende Positionen besetzen sollten. Was ihn an der Angelegenheit besonders störe, sei der Umstand, dass die Details in der Sache Tillich erst nach und nach ans Licht kämen.
Für den Vorsitzenden der Linkspartei im Landkreis Leipzig, Holger Luedtke, sind die Informationen über Tillichs Funktion in der DDR, die im Wesentlichen auf den SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle zurückgehen, eine Retourkutsche — und zwar auf die Gleichsetzung von NPD und Linken durch CDU-Landtagsfraktionschef Steffen Flath. Für die Linken bleibe es dabei, dass DDR-Biografien angenommen werden müssten. Er zweifle jedenfalls, dass diese Dinge nach 20 Jahren noch exakt zu bewerten seien. Heutzutage seien andere Probleme wichtiger. Auf die CDU schlage jetzt zurück, was sie seit zwei Jahrzehnten mit zahlreichen Rote-Socken-Kampagnen versucht habe.
Sachsens Alt-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) verfolgt die Debatte um Tillichs Rolle im DDR-System „mit wachsendem Unverständnis und Enttäuschung". Im Interview mit dieser Zeitung stellt sich Biedenkopf hinter den sächsischen Ministerpräsidenten.