Karl Nolle, MdL

HAZ Hannoversche Allgemeine Zeitung, 27.04.2009

Der Unruhestifter aus Hannover

 
Das Buch, das Karl Nolle in diesen Tagen veröffentlichen wollte, muss wohl noch ein wenig warten. Der 64-jährige Landtagsabgeordnete aus Dresden hat derzeit wichtigeres zu tun, als sich um diese Streitschrift gegen die CDU zu kümmern. Er muss an seiner Verteidigungsstrategie tüfteln. Gegen den Sozialdemokraten und Unternehmer ermittelt die Staatsanwaltschaft Dresden wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug. Der Druckereibesitzer soll für Investitionszulagen falsche Angaben gemacht haben – was er vehement bestreitet.

Soll hier einem unbequemen Kritiker der Prozess gemacht werden? Nolle ist in der sächsischen Hauptstadt nicht irgendwer, er ist der Hauptgegner der größten Regierungspartei, der CDU. Dass auch seine SPD, für die Nolle seit knapp zehn Jahren im Landtag sitzt, seit 2004 der Juniorpartner der Christdemokraten ist, stört den eifrigen Abgeordneten wenig. Er tritt auf wie ein professioneller Oppositioneller: ständig nachbohrend und forschend – manche sagen auch: unseriös und verleumdend.

2002 war es vor allem Nolles Verdienst, dass über Ministerpräsident Kurt Biedenkopf viele unangenehme Details ans Tageslicht kamen – bis dieser schließlich entnervt aufgab. Vor einem Jahr geriet der Biedenkopf-Nachfolger Georg Milbradt in Erklärungsnöte. Ursache waren Unregelmäßigkeiten der sächsischen Landesbank. Ohne Nolle, die Wühlmaus, wäre das alles wohl nicht ans Tageslicht gekommen – und Milbradt wäre vielleicht noch im Amt. Auch dessen Nachfolger Stanislaw Tillich geriet Ende vergangenen Jahres ins Visier Nolles.

Er spießte auf, dass Tillich vor 1989 nicht nur „Mitarbeiter“ der Kreisverwaltung in Kamenz war, also ein untergeordneter Beamter, sondern einer der führenden Leute des Kreises – und damit als Mitglied der Block-CDU ein Funktionär im SED-Staat. Von Tillich soll ein Kapitel in Nolles Buch handeln.

In vier Monaten wird in Sachsen ein neuer Landtag gewählt, und nicht wenige vermuten, dass die Ermittlungen gegen Nolle eigentlich nur den Zweck haben, ihm einen Dämpfer zu verpassen. Wer dahinter steckt, ist offen.

Zwar fürchten die Christdemokraten als größte Regierungspartei niemanden mehr als den schwergewichtigen Polterer Nolle, wenn es um Angriffe von Gegnern geht. Aber auch in seiner SPD ist der Mann nicht überall beliebt. Manche wollen den Selbstdarsteller lieber auf die hinteren Bänke im Parlament verdrängen.

Das hängt auch mit seiner Vergangenheit zusammen: Nolle wuchs in Wunstorf bei Hannover auf, schon sein Vater war jemand, der es seinen Mitmenschen nie leicht machte. Der junge Karl wurde Jungsozialist, war Weggefährte von Gerhard Schröder, gründete einen Verlag, überwarf sich 1986 mit den Genossen und fand später zur SPD zurück.

Ein Unruhestifter war Nolle schon in seinen niedersächsischen Tagen. Heut ist er beides: Stein des Anstoßes und erfolgreicher Druckereiunternehmer. Für sein Buch macht Nolle tüchtig Reklame im Internet – auch wenn der Termin der Veröffentlichung noch unklar ist.
von Klaus Wallbaum

Karl Nolle im Webseitentest
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