Agenturen, ddp-lsc, 10:50 Uhr, 03.05.2009
Sächsische Politiker beschäftigen die Justiz
Nach Vorwürfen gegen SPD-Politiker Nolle und Minister Mackenroth gerät Staatssekretärin in den Blickpunkt
Dresden (ddp-lsc). Auf den ersten Blick weist nichts auf Gemeinsamkeiten der Justiz-Fälle hin, die gleich drei sächsische Politiker in den vergangenen Tagen in Negativschlagzeilen brachten. Auf den zweiten fällt immerhin auf, dass mit dem SPD-Landtagsabgeordneten
Karl Nolle der eine Betroffene die Namen der beiden anderen, Justizminister Geert Mackenroth und dessen Staatssekretärin Gabriele Hauser (beide CDU), als mögliche Verursacher einer politischen Kampagne gegen ihn genannt hatte - ohne freilich dafür Beweise anzuführen.
Gegen Nolle, das wurde am 22. April publik, ermittelt die Dresdner Staatsanwaltschaft wegen Verdachts des Subventionsbetrugs. Hintergrund sind Investitionszulagen, die der heute 64-Jährige als Geschäftsführer der Druckhaus Dresden GmbH für die Jahre 2005 bis 2007 beantragt hatte. Dabei soll er angeblich falsche Angaben gemacht haben, wofür es laut Staatsanwaltschaft einen «Anfangsverdacht» gibt. Nolle selbst weist die Vorwürfe als «hanebüchen» zurück. Infrage gestellt wird von den Ermittlern unter anderem die Inbetriebnahme einer knapp 2,9 Millionen Euro teuren Druckmaschine noch 2005, für die Nolle knapp 956 000 Euro an Investitionszulage erhalten haben soll.
Ebenfalls um einen vermuteten «unberechtigten Bezug von Investitionszulagen» geht es in der erst am Samstag bekanntgewordenen und Justizstaatssekretärin Hauser betreffenden Angelegenheit. Sie war freilich wohl nur Hinweisgeber statt tatverdächtig. Über entsprechende «Anhaltspunkte» bei den Miteigentümern einer auch von ihr bewohnten Dresdner Immobilie soll sie nach einem aktuellen Bericht im «Spiegel» die Staatsanwaltschaft Dresden informiert haben. Ihre entsprechenden Mitteilungen an Ermittlungsbehörden sollen bereits zwei Jahre zurückliegen. Laut «Spiegel» folgten anschließend umgehend Verfahren gegen die anderen Wohnungseigentümer.
Der Vorwurf, Dienstliches und Privates verquickt zu haben, wurde Ende April auch gegen Justizminister Geert Mackenroth (CDU) laut. So soll eine Hausdurchsuchung am 30. Oktober 2008 im schleswig-holsteinischen Itzehoe auf eine Strafanzeige der Ehefrau des Ministers zurückgehen. Die Mackenroths lagen im Clinch mit ehemaligen Mietern ihres Hauses und vermissten nach deren Auszug etwa einen «WC-Deckel in silber-metallic». In diesen Streit hatte sich der Minister mit seiner dienstlichen Mailadresse eingeschaltet. Mindestens eine Mail vom Januar 2008 an die Ex-Mieter ist mit der Kennung «Mackenroth, Geert - Justiz, SMJ» abgesandt worden und zugleich mit dem Namen seiner Frau unterschrieben. Mackenroth selbst beruft sich darauf, dass er von der Vorgabe seines Ministeriums, den Dienst-PC nicht privat zu nutzen, als Minister nicht betroffen sei - und dass er nichts mit der Anordnung zur Durchsuchung in Itzehoe zu tun habe. Tatsächlich stammt diese vom Amtsgericht, er war früher Präsident am Landgericht Itzehoe. Die Fahndung etwa nach dem WC-Deckel war übrigens laut Durchsuchungsprotokoll «erfolglos» geblieben.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Nolle hatte seinen öffentlich geäußerten Verdacht, dass die Spitze des sächsischen Justizministeriums mit den gegen ihn gerichteten Ermittlungen zu tun habe, auch mit seiner bisherigen Tätigkeit begründet. Darunter habe das Ministerium neben der Staatskanzlei «besonders leiden müssen». Tatsächlich hat der seit Oktober 1999 für die SPD im Landtag sitzende Nolle zur Aufdeckung einer Reihe politischer Affären maßgeblich beigetragen. Von seiner seit Monaten angekündigten und bereits mehrfach verschobenen Buchveröffentlichung »Sonate für Blockflöten und Schalmeien« dürften sich indes weder Hauser noch Mackenroth bedroht fühlen: Beide kommen aus dem Westen, das Buch soll DDR-Biografien wichtiger sächsischer CDU-Amtsträger behandeln. Der neue Landtag, für den Nolle und Mackenroth kandidieren, wird in vier Monaten, am 30. August, gewählt.
Von ddp-Korrespondent Tino Moritz
ddp/tmo/muc
031050 Mai 09