Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 09.05.2009

Gerichte klären Verantwortung für QMF-Skandal - Bewährungsstrafe für ehemaligen Abteilungsleiter

Verurteilung wegen Falschaussage für Ex-Staatssekretär rechtskräftig
 
Dresden (DNN). Im einem der größten Fördermittelskandale in Sachsen ist ein weiteres Urteil gegen einen hohen Beamten aus dem Wirtschaftsministerium gefällt worden. Das Landgericht Dresden verurteilte den früheren Abteilungsleiter Hans Neufischer zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten und zwei Wochen, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, erklärte eine Gerichtssprecherin gegenüber den DNN.

Was nun weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit seinen Abschluss findet, hatte vor fünf Jahren mit einem Paukenschlag begonnen. Am 4. Mai 2004 rückten 100 Fahnder von Polizei und Staatsanwaltschaft bei mehr als 30 Adressen in sechs Bundesländern an. Mit im Visier der Ermittler: Das sächsische Wirtschaftsministerium.

Nachdem Martin Gillo 2002 das Wirtschaftsministerium von Kajo Schommer (beide CDU) übernommen hatte, fielen in dem Ressort dubiose Fördermittel-Vorgänge auf. Die Dresdner Qualifizierungsgesellschaft für Mikroelektronik und Fahrzeugtechnik (QMF) als Empfänger von Geldern wurde angezeigt. Kurze Zeit später steht das Kürzel für einen der größten Fördermittelskandale Sachsens.

Die Materie war von höchster politischer Brisanz. Stand dahinter doch der Verkauf des Zentrums Mikroelektronik Dresden (ZMD) Ende 1998 an die Sachsenring AG, mit dem sich damals schon ein Untersuchungsausschuss des sächsischen Landtags befasste. Nicht zuletzt weil Sachsenring eine umstrittene CDU-Kampagne vor den Landtagswahl 1999 finanziert hatte.

Sachsenring wollte beim ZMD-Erwerb nicht alle Mitarbeiter übernehmen. Sie wurden aber gebraucht, um das Unternehmen nicht existenziell zu gefährden. Der Verdacht der Ermittler: 140 Mitarbeiter wurden formal für eine Qualifizierung bei der QMF ausgegliedert, arbeiteten aber in der Halbleiter-Firma weiter. Zwischen 1999 und 2001 genehmigte das Wirtschaftsministerium dafür Gelder in Höhe von 13,7 Millionen DM für die Qualifizierungsgesellschaft QMF. Später wurde dies auch beim Automobilzulieferer Sachsenring so praktiziert. Hierfür wurden rund 38 Millionen DM genehmigt und zwischen 2001 und 2003 rund 14 Millionen Euro ausgezahlt. Im Juli 2005 erhob die Staatsanwaltschaft Dresden Anklage unter anderem gegen den früheren Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Vehse und Hans Neufischer, einen pensionierten Abteilungsleiter aus dem Schommer-Ressort. Letzterer hatte 2004 sogar zeitweise in Untersuchungshaft gesessen. Nach Ansicht der Ankläger waren die Zahlungen unzulässig, und die Verantwortlichen hätten das gewusst.

Mitte vergangenen Jahres beginnt das Verfahren gegen Vehse und Neufischer. Dem ehemaligen Abteilungsleiter wird Untreue, dem früheren Staatssekretär Beihilfe zur Untreue und falsche uneidliche Aussage vor dem Sachsenring-Untersuchungsausschuss vorgehalten. Die hohen Beamten a. D. bestreiten die Vorwürfe. Drei Monate später wird Vehse wegen uneidlicher Falschaussage zu einer Geldstrafe von 27000 Euro verurteilt. Die Kammer rechnete eine Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung in eine Geldstrafe zu 150 Tagessätzen je 180 Euro um. Vom Vorwurf der Beihilfe zur Untreue sprachen die Richter Vehse aber frei. Am 25. März 2009 wies der Bundesgerichtshof Vehses Revision gegen das Urteil ab.

Am 8. April 2009 kam nun das Landgericht auch bei Hans Neufischer zu einem Urteil: Elf Monate und zwei Wochen Freiheitsstrafe, ausgesetzt auf Bewährung, teilt eine Gerichtssprecherin mit. Das Gericht blieb damit unter der von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafe von einem Jahr und fünf Monaten und knapp unter der für Beamte kritischen Grenze von 12 Monaten. Die Ankläger geben sich mit dem Urteil zufrieden. Hans Neufischer will es nicht hinnehmen. Er legt Revision ein, über die noch nicht entschieden ist.
Ingolf Pleil

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