Dresdner Morgenpost, 11.05.2009
Zweierlei Maßstäbe?!
Kommentar zur Ordensverleihung an Star-Trompeter Güttler von Jens Jungmann
Das vor zwei Jahren an Ludwig Güttler verliehene Bundesverdienstkreuz schlägt hohe Wellen - vor allem wegen dessen mutmaßlicher IM-Tätigkeit für die Stasi zwischen 1979 und 1983. Klar, Star-Trompeter Güttler wurde für seine Verdienste nach der Wende ausgezeichnet. Hauptsächlich für seine Aktivitäten rund um den Wiederaufbau der Frauenkirche.
Doch der „Fall Güttler" lässt Fragen offen. Kannte die Staatsregierung tatsächlich die Stasi-Akte Güttlers, bevor sie ihn zur Auszeichnung beim Bundespräsidenten vorschlug? Vieles spricht dafür - die Akte kursierte damals bereits. Nur offenbar blieb die Ordens-Prüfung ohne Ergebnisse.
Die DDR-Vergangenheit anderer - vor allem wenn es um Stasi geht - wird von der CDU immer wieder gern hervorgeholt. Erst vor wenigen Tagen mahnte Kanzlerin Merkel, dass man den Unrechtsstaat DDR nicht vergessen oder verharmlosen darf. Damit hat sie absolut recht!
Doch wenn es um die eigene Vergangenheit oder die ihr nahestehender Personen geht - CDU-Fan Güttler engagiert sich seit Jahren für die Dresdner Union -, dann wird die CDU wortkarg. Die Debatte um die DDR-Vergangenheit sächsischer Spitzenpolitiker zeigte dies jüngst eindrucksvoll.
Eür die CDU gelten offenbar andere Spielregeln! Jüngstes Beispiel: der Umgang mit den Personal-Akten des Ministerpräsidenten. Bis heute ist unklar, ob Stanislaw Tillich einst wahrheitsgemäß alle Fragen auf seinem Personalbogen beantwortete.
Selbst ein Gerichtsentscheid, der fordert, nun alles offenzulegen, und der die Akten eben nicht zur „Privatangelegenheit" des MPs erklärt, veranlasst die Staatsregierung vorerst nur zu Prüfungen.
Prüfungen, bei denen vielleicht wieder mit anderen Maßstäben verfahren wird?