Karl Nolle, MdL

Agenturen, ddp-lsc, 14:47 Uhr, 26.05.2009

Rechtstreit um Tillichs Fragebogen geht weiter

Ministerpräsident musste sich 1999 zu DDR-Karriere und Stasi-Kontakten äußern
 
Dresden (ddp). Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist es inzwischen leid, "immer wieder mein Leben und mein Tun erklären zu müssen, bis es der Letzte verstanden hat, der meint, aus dem Westen kommend, uns die Zeit vor 1990 erklären zu müssen". So formulierte es der Regierungschef auf dem CDU-Landesparteitag am 16. Mai in Leipzig - und erntete dafür starken Applaus. Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel" interessiert sich indes weiterhin weniger für Tillichs Leben vor 1990, sondern vorrangig für seine Antworten 1999 auf einem Fragebogen zu seiner DDR-Biografie. Es gehe "um die Glaubwürdigkeit des Ministerpräsidenten und nicht um seine DDR-Vergangenheit", sagt der Dresdner "Spiegel"-Korrespondent Steffen Winter.

Nach Auskunft des Verwaltungsgerichts Dresden vom Dienstag hat das Magazin fristgerecht Beschwerde gegen den Gerichtsbeschluss vom 7. Mai eingelegt. Damit landet der Streit nun vor dem Sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen.

Hintergrund sind Fragen, die nach der Wende in Sachsen eben nicht nur Lehrer, Beamte und Angestellte der Verwaltung beantworten mussten, sondern auch Staatsminister mit ostdeutscher Herkunft. Von ihnen wurden Auskünfte erbeten, wie sehr sie in das politische System der DDR verstrickt waren.

Sachsen wird seit einem Jahr erstmals von einem Ostdeutschen geführt, Ministerpräsident Tillich gehört der Staatsregierung freilich schon seit 1999 an. Zuvor war er seit der Wende im Europäischen Parlament, zunächst als Beobachter, seit 1994 als Europaabgeordneter.

Als ihn im Herbst 1999 der damalige Ministerpräsident Kurt Biedenkopf (CDU) zum Landesminister für Bundes- und Europaangelegenheiten berief, musste sich also auch der Sorbe ganz formal zu seiner DDR-Vergangenheit erklären. Die Staatskanzlei beließ es im Herbst 2008, als der "Spiegel" Tillichs frühere Angaben erstmals erbat, bei der Auskunft, dass Tillich die Fragen seinerzeit zutreffend und vollständig beantwortet habe.

Das Magazin klagte daraufhin auf Herausgabe des Fragebogens - und bekam am 7. Mai zumindest teilweise recht. Staatskanzleichef Johannes Beermann (CDU) nahm den Gerichtsbeschluss jedenfalls zum Anlass, am 12. Mai die erbetenen Antworten Tillichs zu veröffentlichen. Doch von den zehn Fragen der im Sächsischen Amtsblatt vom 19. Januar 1995 veröffentlichten und von Tillich knapp fünf Jahre später ausgefüllten Erklärung sind bei den meisten die exakten Antworten des damaligen Ministers immer noch unklar.

Dazu gehören auch seine Äußerungen zu insgesamt vier Fragen zu früheren Kontakten zur DDR-Staatssicherheit. Ferner unbekannt ist bislang auch der Wortlaut seiner Antworten, ob er in der DDR als "B-Beauftragter oder als Kader in die B-Struktur integriert", ob er Angehöriger der bewaffneten Organe oder der Betriebskampfgruppen und ob er "als Nomenklaturkader oder Reservekader für Nomenklaturfunktionen verpflichtet" gewesen sei.

Das Verwaltungsgerichts hatte keinen Anspruch des Nachrichtenmagazins auf die Auskünfte Tillichs zum Stasi-Fragenkomplex gesehen. Zur Begründung gaben die Richter unter anderem an, dass Tillich sich dazu bereits in seiner "Informationsoffensive" 2008 ausführlich und öffentlich erklärt hatte. Der "Spiegel" verweist indes darauf, dass es nicht um eine Stasi-Mitarbeit Tillichs, sondern dessen Angaben zu früheren Stasi-Kontakten gehe. Dem Magazin reichen deshalb die von Tillich im Herbst 2008 öffentlich gemachten und ihn betreffenden Stasi-Unterlagen nicht aus.

Von ddp-Korrespondent Tino Moritz
ddp/tmo/stu

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