Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 25.06.2009

Sachsen: Machtkampf in der SPD

Konfrontation zwischen Parteichef Jurk und Fraktionschef Dulig wegen Tillich-Biografie
 
Dresden (J.K.). In der Debatte um die DDR-Vergangenheit von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) ist in der SPD ein handfester Streit entbrannt. Während sich Wirtschaftsminister und SPD-Chef Thomas Jurk gestern im Landtag hinter Tillich stellte, warf SPD-Fraktionschef Martin Dulig dem Regierungschef scheinheiligen Umgang vor. Dahinter schwelt ein Machtkampf um die SPD-Linie der Zukunft.

Auslöser für den Zwist war eine Regierungserklärung von Jurk im Landtag. Während sich Tillich noch am Morgen in seiner Bilanz der Regierungsarbeit zu seiner Rolle zu DDR-Zeiten nicht äußern wollte, bekam er überraschend Rückendeckung von Jurk. „Den Ministerpräsidenten und mich eint, dass wir beide eine ostdeutsche Biografie haben“, sagte Jurk. Sowohl Tillich als auch er hätten sich nicht vorzuhalten, was sie zu DDR-Zeiten getan hätten. „Dem Ministerpräsidenten nach 20 Jahren noch vorzuwerfen, in der DDR Verantwortung übernommen zu haben, wird seiner Lebensleistung nicht gerecht.“

Das sorgte für heftigen Wirbel in SPD-Reihen. Im Gegensatz zu Jurk attackierte SPD-Fraktionschef Dulig die CDU-Spitze in der anschließenden Aussprache. „Was wir erlebt haben, ist ein Ablenkungsmanöver“, sagte Dulig Richtung CDU. Die Union tue heute so, als seien ihre Vertreter zu DDR-Zeiten in die CDU eingetreten, um die SED zu unterwandern. Während sie jetzt in Kommunen mit der Linken zusammen arbeite, werfe sie der Landes-SPD rot-rote Gedankenspiele vor. „Das ist scheinheilig, das machen wir nicht mit“, sagte Dulig.

CDU-Fraktionschef Steffen Flath warf der SPD vor, das SED-Erbe zu verharmlosen. „Es gibt zwei Flügel in der SPD, einer davon ist Jurk“, sagte er. Allerdings hätten die Sozialdemokraten kaum eine Chance, in der Debatte um Ost-Biografien zu gewinnen. Dagegen forderten die Jusos vehement Aufklärung. „Statt Dementis und Vertuschungsaktionen durch die Staatskanzlei müssen endlich Fakten auf den Tisch“, sagte Landeschef Holger Mann.

Hintergrund der Debatte ist die Rolle von Tillich als Mitglied des SED-geführten Rates des Kreises Kamenz Ende der 90er Jahre. Ihm wird vorgeworfen, dies in Biografien teilweise verschwiegen zu haben. Neue Nahrung bekam die Diskussion durch das in der vergangenen Woche erschienene Buch des SPD-Abgeordneten Karl Nolle. Darüber hinaus wird Tillich vorgehalten, noch kurz nach der Wende als Ratsmitglied einer ungerechtfertigten Enteignung zugestimmt zu haben.

Karl Nolle im Webseitentest
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