Sächsischer Landtag, Fraktionen LINKE, SPD, GRÜNE, 19.05.2010
Opposition will gemeinsam Untersuchungsausschuss einsetzen
Erklärung von Bartl (LINKE), Friedel (SPD) und Lichdi (GRÜNE)
Die Fraktion der LINKEN, der SPD und von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN haben beschlossen, morgen zusammen einen Untersuchungsausschuss „Kriminelle und Korruptive Netzwerke in Sachsen“ einzusetzen. Die bei diesem Thema federführenden Fachpolitiker/innen begründen den Standpunkt der jeweiligen Fraktion zu diesem gemeinsamen Projekt der demokratischen Oppositionsfraktionen.
Klaus Bartl, stellvertretender Vorsitzender und rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Sächsischen Landtag:
„Die Wiedereinsetzung dieses Untersuchungsausschusses haben sich die CDU-Amtsträger in Fraktion und Staatsregierung selbst eingebrockt: Durch die einjährige Blockade der Aufklärungsarbeit des Gremiums in der letzten Wahlperiode, die vom Sächsischen Verfassungsgerichtshof beendet werden musste, konnte aus Zeitgründen nur ein Drittel des damaligen Untersuchungsauftrages abgearbeitet werden. Zudem wurden seit letzten Sommer neue Erkenntnisse des Rechnungshofes zu einer Immobilienaffäre in Leipzig, die eine Schlüsselrolle in regionalen korruptiven Netzwerken spielt, dem Landtag ein Dreivierteljahr vorenthalten und erst auf Druck des Parlaments rausgerückt.
Deshalb und aufgrund zahlreicher weiterer Ungereimtheiten beim Umgang der CDU-geführten Staatsregierung und der in Sachsen offensichtlich unter besonders starkem politischen Druck stehenden Staatsanwaltschaften mit den Akten zum Thema „Sachsensumpf“ wird in diesem Ausschuss die Aufarbeitung der regierungsamtlichen Desinformation und Aufklärungsunterdrückung einen größeren Stellenwert in der praktischen Ausschussarbeit erhalten. Wir haben uns beim Untersuchungsauftrag an die vom Verfassungsgericht abgesegnete Arbeitsgrundlage des Vorgängergremiums gehalten, um uns erneute Blockadeversuche der CDU mit verfassungsrechtlichen Vorwänden zu ersparen. Das ist auch im Interesse einer zügigen und effizienten Wirksamkeit dieses Untersuchungsausschusses.“
Sabine Friedel, innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag:
“Der Untersuchungsausschuss hatte in der letzten Legislaturperiode zu wenig Zeit, um alle Aufträge abzuarbeiten. Das haben alle Fraktionen im Abschlussbericht übereinstimmend festgestellt. Damit blieb der Raum für Zweifel offen. Deshalb muss die Arbeit nun in dieser Legislaturperiode geordnet weitergeführt werden. Zu Beginn der Arbeit des letzten Untersuchungsausschusses war von mafiösen Verflechtungen die Rede.
Nicht alle Vorwürfe haben sich im Verlaufe der Arbeit des UA als haltlos erwiesen, auch wenn das die für den Verfassungsschutz ausschließlich zuständige und verantwortliche CDU-Staatsregierung nicht bereit ist, selbstkritisch einzuräumen. Im Interesse des Freistaates Sachsen und des Ansehens seiner staatlichen Institutionen muss dieUntersuchung deshalb sorgfältig und lückenlos abgeschlossen werden.
Die SPD-Fraktion beteiligt sich an der Einsetzung des Untersuchungsausschusses, um eine ausschließlich sachorientierte und gründliche Arbeit zu befördern. Wir haben im Untersuchungsausschuss der letzten Legislaturperiode für eine sachbezogene und fundierte Arbeit gesorgt und werden dies auch im kommenden Ausschuss tun."
Johannes Lichdi, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Sächsischen Landtag:
"Die Wiedereinsetzung des Untersuchungsausschusses ist vor der verfassungsmäßigen Aufklärungspflicht des Parlaments zwingend: Die Blockadepolitik der Staatsregierung darf nicht in dem Moment triumphieren, in dem die Verschleierungsfassade vom Sachsensumpf als Gerüchtesammlung einer 'durchgeknallten' Referatsleiterin im Verfassungsschutz sowie die eilfertigen Entlastungshypothesen der Staatsanwaltschaft Dresden Stück für Stück zerbrechen."
"Im Februar wurden die Ermittlungen gegen die Referatsleiterin wegen Geheimnisverrats eingestellt. Vor zwei Wochen setzte sie gerichtlich die ihr von der Staatsregierung verweigerte Akteneinsicht durch, um die von ihr behauptete Aktenmanipulation durch die Hausspitze nachzuweisen."
"Der Rechnungshofbericht zur Leipziger Riemannstraße 52, der dem Rechtsausschuss seit April vorliegt, enthüllt ein unglaubliches Maß an rechtswidrigen Förderungen, die nicht mit der Rechtslage, sehr wohl aber mit einem korruptiven Netzwerk erklärbar wären. Der entlastende <<Zwischenbericht>> der Gerichtspräsidenten ('AG Leipzig') und die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft Dresden im April 2008 wollten noch keinerlei Anhaltspunkte für Korruption feststellen."
"Schließlich zerfallen gerade in Zeugenaussagen im Dresdner Journalistenprozess die Geschehensinterpretationen der Staatsanwaltschaft Dresden, mit denen sie die Belastungszeuginnen für unglaubwürdig erklären wollte. Die hartnäckige Strafverfolgung von Journalisten und Zeuginnen ist schon erklärungsbedürftig."
"Wir GRÜNEN wollen das Verschleierungsdrehbuch der Staatsregierung offenlegen und durch die Vernehmung der Wahrnehmungszeugen die wahren Sachverhalte aufklären."
Marcel Braumann
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