SPD Landesverband Sachsen, Landesvorstand, 27.11.2011
Demokratie stärken - Hart gegen rechten Terror – Hart gegen die Ursachen
Die Sächsische SPD verurteilt die Morde der neonazistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU).
Der Landesvorstand der sächsischen SPD beschließt:
Die Sächsische SPD verurteilt die Morde der neonazistischen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Wir trauern um Enver Şimşek und Abdurrahim Özüdoğru aus Nürnberg, Süleyman Taşköprü aus Hamburg, Habil Kιlιç aus München, Yunus Turgut aus Rostock, Ismail Yaşar aus Nürnberg, Theodoros Boulgarides aus München, Mehmet Kubaşιk aus Dortmund, Halit Yozgat aus Kassel und Michèle Kiesewetter aus Heilbronn. Unser Mitgefühl und unsere Anteilnahme gelten den Familien und Hinterbliebenen der Opfer.
Die Taten der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund sind eine Zäsur in der bundesdeutschen Geschichte. Sie sind die blutigste politisch-motivierte Mordserie des wiedervereinigten Deutschlands. Wir begrüßen die eindeutige und einmütige Reaktion der deutschen Gesellschaft sowie ihrer demokratischen Parteien im Sächsischen Landtag und im Deutschen Bundestag.
Wir erwarten, dass die Morde mit aller Konsequenz zügig aufgeklärt werden. Das sind wir den Opfern, ihren Familien und Freunden schuldig. Wir erwarten zugleich, dass Zusammenhänge dieser Mordtaten und ihr rechtsextremistisches Umfeld umfassend ermittelt und mögliche weitere ungeklärte Straftaten einbezogen werden.
Die Tatsache, dass eine neonazistische Terrorgruppe über 11 Jahre hinweg von Sachsen aus in Deutschland morden konnte, wirft dringende Fragen auf. Die SPD-Landtagsfraktion hat dazu einen umfangreichen Fragenkatalog an die Landesregierung gerichtet. Der Weg der Aufklärung muss konsequent fortgeführt werden und die richtigen sicherheitspolitischen- und gesellschaftpolitischen Konsequenzen gezogen werden.
Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordern:
1. Die konsequente Aufklärung des NSU-Terrors sowie das restlose Aufdecken des neonazistischen UnterstützerInnennetzwerks.
2. Die vorbehaltlose Aufklärung von Fehlern des Verfassungsschutzes und der Polizei auf bundesdeutscher, aber auch auf sächsischer Ebene. Wir fordern dazu eine gemeinsame Untersuchungskommission in Sachsen und Thüringen, die im Konsens der demokratischen Fraktionen des Sächsischen Landtages berufen wird.
3. Die Überarbeitung der Sächsischen Sicherheitspolitik. Neonazistische Terrorgruppen entstehen aus einer weiteren Radikalisierung ohnehin militanter rechtsextremer Gruppierungen. Diese müssen noch vor einem möglichen Abtauchen konsequenter durch die Sächsischen Sicherheitsbehörden verfolgt und zerschlagen werden. Ein Einschreiten der Polizei bei Gewalt- und Propagandadelikten muss früher und umfassender möglich sein. Die Sächsische Polizeireform gilt es deshalb hinsichtlich der Personalausstattung sowie der Revierstruktur zu überarbeiten. Ebenso gilt es die polizeiliche Erfassungs- und Statistikstrategie zu überarbeiten. Viele Straftaten mit eindeutig rassistischem oder rechtsextremem Hintergrund werden nicht als solche erfasst.
4. Die Stärkung zivilgesellschaftlicher Strukturen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Atmosphäre, die ermutigt, gegen Neonazismus und Gewalt das Wort zu erheben. Rechtsextremistischen Gruppen und ihrem Umfeld muss der gesellschaftliche und finanzielle Boden entzogen werden. Deshalb unterstützen wir die Arbeit von Demokratieinitiativen in Sachsen als Eckpfeiler dieser Strategie. Dazu bedarf es umfangreicher Maßnahmen:
a) Wir begrüßen die Aufstockung des Landesprogramms „Weltoffenes Sachsen“ und fordern die langfristige Absicherung der Arbeit der sächsischen Strukturprojekte (Mobile Beratungsteams, Opferberatung, Bildungsprojekte, usw.).
b) Engagement braucht Vertrauen. Wir fordern deshalb die Abschaffung von Extremismusklausel und Demokratieerklärung als Hindernis zivilgesellschaftlichen Engagements.
c) Wir fordern die Einführung eines „Sachsen-Monitors“ analog des „Thüringen Monitors“, um antidemokratische und menschenverachtende Einstellungsmuster in Sachsen zu erheben und Gegenstrategien darauf abzustimmen.
d) Wir fordern die Rückeroberung des öffentlichen Raums durch eine Stärkung der zivilgesellschaftlichen Infrastruktur. Neben den Demokratieinitiativen wollen wir dazu u.a. die Jugendarbeit, Jugend-, Kultur-, Sport und Sozialverbände stärken.
5. Rechtsextreme, Rassisten und verfassungsfeindliche Parteien haben in unserem demokratischen Deutschland keinen Platz. Wir sprechen uns für die Einleitung eines NPDVerbotsverfahrens aus. Die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte an Parteiverbote sind zu berücksichtigen.
Votum: einstimmig angenommen