SPD Fraktion im Sächsischen Landtag, 02.07.2014
LINKE / SPD / GRÜNE stellen gemeinsames Minderheitsvotum am Ende des „Sachsensumpf“-Untersuchungsausschusses vor
PRESSEMITTEILUNG
der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag
„Heute haben Vertreter der drei demokratischen Oppositionsfraktionen ihr gemeinsames Minderheitsvotum zum Ende des Untersuchungsausschusses „Verantwortung von Mitgliedern der Staatsregierung und von ihnen beauftragter leitender Behördenvertreter für etwaige schwerwiegende Mängel bei der Aufdeckung und Verfolgung krimineller und korruptiver Netzwerke unter Beteiligung von Vertretern aus Politik, Wirtschaft, Justiz, Polizei und sonstigen Landes- und kommunalen Behörden in Sachsen, für das Versagen rechtsstaatlicher Informations-, Kontroll- und Vorbeugungsmechanismen und für die unzureichende Aufklärung sowie gezielte Desinformation gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit im Umfeld der Debatten um den so genannten Sachsen-Sumpf (Kriminelle und korruptive Netzwerke in Sachsen)" vorgelegt. Darüber und über den Abschlussbericht der Ausschuss-Mehrheit berät der Landtag am Donnerstag, dem 10. Juli 2014.
Klaus Bartl, Vertreter der Fraktion DIE LINKE im U-Ausschuss, erklärt:
Die CDU/FDP-Koalition hat es sich zu einfach gemacht und den gesamten „Sachsensumpf“ als Phantasiegebilde einer übereifrigen ehemaligen Staatsanwältin und Verfassungsschützerin und eines verfolgungsbesessenen Kripo-Mannes abgetan. Tatsächlich aber – das belegen die vom Ausschuss in dieser Legislaturperiode durchgearbeiteten Dokumente und vernommenen Zeugen – waren die Vorwürfe der Existenz korruptiver Netzwerke nachweislich zu keinem Zeitpunkt Gegenstand ernsthafter, unvoreingenommener Ermittlungen. Stattdessen wurde die berufliche Existenz der Aufklärer durch massives amtliches Mobbing vernichtet und ihre Gesundheit geschädigt. Die gegen sie erhobenen Anschuldigungen sind, soweit sie sich nicht ohnehin in Luft aufgelöst haben, in seit vier Jahren verschleppten Anklageverfahren ungeklärt.
Gerichtsfest aufzudecken, ob es einen „Sachsensumpf“ gibt oder nicht, war nicht Auftrag und lag nicht im Vermögen des U-Ausschusses. Wir müssen allerdings resümieren, dass sich dies infolge fehlender politischer Unabhängigkeit der Ermittlungen wohl nie mehr wird herausfinden lassen. Gäbe es in Italien eine Struktur der Justiz wie in Sachsen, hätte dort wohl kein einziger Prozess gegen die Mafia stattgefunden. So bleibt die Lehre, dass die Justiz in Sachsen von Dirigismus und Klüngelwirtschaft befreit werden und in selbstverwaltete Strukturen überführt werden muss. Dazu liegen seit Langem gesetzgeberische Vorschläge meiner Fraktion auf dem Tisch, die große Zustimmung bei Richtern und Staatsanwälten finden.
Karl Nolle, Obmann der SPD-Fraktion, erklärt:
Der wahre Sachsensumpf sind nicht die gesammelten, nicht ausermittelten Informationen des Verfassungsschutzes, sondern der hysterische Umgang damit. Bis heute hat sich kein unabhängiges Gericht abschließend mit dem Sumpf beschäftigt. Allenfalls sind die in Sachsen besonders weisungsgebundenen Staatsanwaltschaften unter ungeheurem politischem und öffentlichem Druck tätig geworden. Doch bei ihnen geht es nur um den Schutz des Staates vor der üblen Nachrede des Sumpfes. – Parlamentarier, die sich als Vollziehungsbeamte der Regierung verstehen, Regierungsmitglieder, die die Justiz reglementieren, oder Staatsanwälte, die sich politischen Zielen und vorauseilendem Gehorsam verschreiben, das sind die wahren Feinde der Verfassung. Beschuldigte warten seit sieben Jahren auf ihren Prozess, Vernebelung, Halbwahrheiten und Selbstgerechtigkeit verwoben mit verlogenen Erinnerungslücken, das haben wir im UA Sachsensumpf erlebt.
Johannes Lichdi, Obmann der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, erklärt:
Die Ermittlungen gegen die in der Öffentlichkeit beschuldigten Staatsanwälte und Richter wurden nie ernsthaft betrieben und sollten von Anfang an eingestellt werden. Sie richteten sich faktisch gegen die Belastungszeuginnen, um diese als unglaubwürdig darzustellen und schließlich wegen Verleumdung anklagen zu können. Der Bordellbesuch der Justizangehörigen ist in den Ermittlungen keineswegs widerlegt worden, die Justizangehörigen haben aber nach rechtsstaatlichen Grundsätzen als unschuldig zu gelten. Einer der vielen verborgenen Skandale im „Sachsensumpf“ besteht darin, dass die Zwangsprostituierten seit 1993 bis heute nicht ernstgenommen und geschützt werden und die sächsische Justiz diese bis heute weiter zu Opfern macht.
Petra Strutz
Pressesprecherin
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