Karl Nolle, MdL

Pressemitteilung, Landtagsfraktion der SPD Sachsen, 04.05.2001

Karl Nolle: "Neue Fragen an die Staatsregierung"

SPD bringt weitere Anfragen in den Landtag ein
 
Dresden, 4.5.2001. "Der als Beruhigungspille gedachte Brüggen-Bericht zu den Verhältnissen in der Schevenstraße entpuppt sich immer mehr als Brandbeschleuniger", erklärte der SPD-Landtagsabgeordnete Karl Nolle.

"Nach Lektüre der 300 Seiten ergeben sich für mich mehr Fragen als Antworten. Die Affäre ist nicht ausgestanden. Wer glaubt, die SPD würde sich mit den
Pseudo-Antworten der Staatsregierung zufrieden geben, wird sich täuschen. Wenn die Staatsregierung die offenen Fragen nicht beantworten kann, dann muss dies eben der Landtag tun - getreu dem chinesischen Sprichwort: Wer einen Sumpf trocken legen will, darf nicht die Frösche fragen."

Folgende Fragenkomplexe ergeben sich im einzelnen, die die SPD-Fraktion mittels Berichtsantrag und kleiner Anfragen in den Landtag einbringen wird:

(1.) Fragen zur Dienstvilla

1. Inwieweit haben Staatssekretär Carl sowie Staatskanzleichef Meyer im Zuge von vorrauseilendem Gehorsam von einer exakten Bezahlung der in Anspruch genommenen Dienstleistungen in der Schevenstraße 1 durch Kurt und Ingrid Biedenkopf, ihrer Mutter Rita Ries sowie den übrigen Familienangehörigen, abgesehen und/oder gab es in diesem Zusammenhang direkte oder indirekte Einflussnahme auf Carl und/oder Meyer durch Kurt und Ingrid Biedenkopf und/oder deren Angehörigen (Bezug Vorgang Brief Knief (Direktor Rechungshof) vom 6.5.94)?

2. Gab es ebensolche Einflussnahmen auf den Rechnungshofdirektor Knief um Nachfragen zum Sachstand des angeblich verlorengegangenen Vorganges "Brief Rechnungshof vom 6.5.94" zu vermeiden?

3. Wer hat wann, wo und wie lange sowie zu welchen Gesamt-Konditionen in der Schevenstraße 1 gewohnt (Mieter- und Nutzerliste)?

4. Wer hat wann und wie lange ausweislich der polizeilichen Eingangs- und Zugangspfortenliste der Schevenstraße 1 sich in der Schevenstraße 1 aufgehalten?

5. In welcher Form (z.B. Verwaltungsakt) wurde die Amtswohnung des Ministerpräsidenten diesem zugewiesen (Datum, Aktenzeichen, verantwortliche
Behörde, Bekanntgabe an den Ministerpräsidenten)?

6. Wurde die Amtswohnung im Haushaltsplan oder Wirtschaftsplan ausgebracht (§ 8 Abs. 4 S. 1 SächsMinG a.F. i.V.m. § 3 Abs. 1 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Dienstwohnungen des Freistaates Sachsen v. 19. September 1995-VwV-DW-)? (Bericht und Gutachten schweigen dazu.)

7. Wurden eine oder mehrere Betriebskostenabrechnungen erstellt (§ 18 Abs. 1 Buchst. a VwV-DW), wenn ja wann?

8. Wurde eine Dienstwohnungsvergütung (§ 17 VwV-DW), ggf. über den, den Ortszuschlag gemäß § 8 Abs. 2 Buchst. b a.F. SächsMinG übersteigenden, Betrag festgesetzt (Datum des Bescheides, ausstellende Behörde, Aktenzeichen), wenn nein, warum nicht?

9. Wurde eine Niederschrift (§ 8 Abs. 1 S. 2 VwV-DW) für die Schevenstr. 1 über das übergebene Zubehör, die überlassenen Ausstattungsgegenstände und Geräte gefertigt (Datum, Behörde, Aktenzeichen, verzeichnete Gegenstände, Grundlage der Erfassung).

2.) Fragen zur Dienstwagennutzung

1. Wie oft wurden die Enkel des Ministerpräsidenten ohne dessen Mitfahrt in den Kindergarten oder zu sonstigen Zielen gebracht (vgl. Interview von Herrn Staatsminister Brüggen, Freie Presse Chemnitz,
6.4.2001)?

2. Wenn solche Fahrten stattgefunden haben: In welchen Fällen (Datum!) wurden dabei die Kinder allein von Bediensteten des Freistaates Sachsen begleitet?

3. Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass es sich dabei um eigene Privatfahrten des Ministerpräsidenten handelt (Nr. 10.3 i.V.m. Nr. 6.1 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen über die Benutzung von Dienstkraftfahrzeugen in der Sächsischen Landesverwaltung, VwV-DKfZ, SächsABl. 1999, S. 537)?

4. Wurden die Fahrten, etwa nach Nr. 8 der o.g. Vorschrift, den Eltern der Kinder in Rechnung gestellt. Wenn ja, wann?

5. Durch wen erfolgte die Anordnung der jeweiligen Fahrt (aufgeschlüsselt nach Fahrten)?

(3.) Fragen zur Telefonnutzung Schevenstr. 1

1. In welcher Höhe sind seit 1995 Post- und Fernmeldegebühren für das Gästehaus der Staatsregierung und den Wohnsitz des Ministerpräsidenten angefallen (jeweils nach Jahren)?

2. War die Erfassung und Zuordnung von Privatgesprächen bei allen Dienstanschlüssen des Anwesens Schevenstraße 1, 01326 Dresden möglich? Wenn ja, ab wann und ist diese auch vollständig realisiert worden?

3. Wie viele Telefonanschlüsse befanden sich im Zeitraum ab 1990 in den von weiteren Personen, insbesondere Herrn Christoph Kuhbier, Frau Petra Waldow und Herrn Andreas Waldow, bewohnten Räumen des Gästehauses, von denen aus Dienstgespräche geführt werden konnten?

4. Sind von diesen Telefonanschlüssen aus Telefongespräche als dienstlich geführt worden? Wenn ja, zu welchen Kosten?

5. Erfolgte für alle der unter 3. bezeichneten Telefonanschlüsse eine Abrechnung privater Telefongespräche? Wenn ja, wie erfolgte die Erfassung?

(4.) Fragen zur Auftragsvergabe an die Wisser Dienstleistungs GmbH Sachsen

1. Welche Aufträge (aufgelistet) hat die Staatsregierung bzw. Landesbehörden und/oder Einrichtungen bisher an die Wisser Dienstleistungs GmbH Sachsen vergeben, oder andere Firmen in denen heute der Schwiegersohn von Ingrid Biedenkopf Geschäftsführer ist?

2. Wann wurde der Auftrag zur Reinigung der Leipziger Messe GmbH an
die Wisser Dienstleistungs GmbH erteilt und wie erfolgte die Ausschreibung?

3. Was hat die Staatsregierung in diesem Zusammenhang getan, um
einen möglichen Eindruck der Begünstigung dieser Firma sowie dabei möglicher
Verletzung der Objektivitäts- und Neutralitätspflicht, Gleichbehandlungspflicht sowie Ausschreibungspflicht bei den Auftragsvergaben entgegenzuwirken ?


(5.) Fragen zur Einflußnahme von Ingrid Biedenkopf auf das Verwaltungs-
und Regierungshandeln in Sachsen


1. Welche Briefe haben die Ministerien, Landesbehörden und Landeseinrichtungen in Sachsen von Frau Ingrid Biedenkopf seit 1990 erhalten ? In wie viel Fällen, aufgelistet mit welchem Inhalt?.

2. Wie sind die Ministerien, Landesbehörden und Landeseinrichtungen
mit diesen Briefen umgegangen?

3. Welche dieser Briefe haben keinen sozialen Inhalt?

4. Welche Briefe haben ausschließlich sozialen Inhalt?

5. Wodurch hat die Staatsregierung sichergestellt, dass die Briefe von Frau Ingrid Biedenkopf nicht wie die für sie unzulässige Tätigkeit einer Behörde oder Amtsperson aufgefasst werden konnten oder worden sind?


(6.) Erste Fragen zum Brüggen-Bericht

Bei den Gutachten fehlen die sonst übliche Darstellung zum Gutachtenauftrag und der konkreten Auftrags-Fragestellung des Gutachtens. Die Verfasser des Gutachtens geben nicht an, von welchem Sachverhalt sie ausgehen sollen oder ausgehen bzw. wer ihnen die Informationen gegeben hat.Es fällt auf, dass die Gutachten zu Mietverhältnissen sich auf den "nackten" Wohnwert beziehen.

1. Warum wurden keine Gutachten zu den entscheidenden Fragen im
Besoldungsrecht eingeholt?

2. Warum wurden keine Gutachten zu den entscheidenden Fragen im Steuerrecht
eingeholt?

3. Warum wurden keine Gutachten zu den entscheidenden Fragen im
Haushaltsrecht eingeholt?

Die angegebenen BFH-Entscheidungen sind zu prüfen, lesen sich aber in der Wiedergabe und bei erster Durchsicht so, als sei die im entsprechenden Fall vom Arbeitgeber durchgereichte Miete als Marktpreis anzusehen gewesen. Das ist vorliegend zweifelhaft.

Für die Schevenstr. 1 besteht hier Prüfungsbedarf durch die Finanzbehörden und die Staatsanwaltschaft.

1. Gilt diese Rechtsprechung überhaupt noch?

2. Warum wurde im Brüggen-Bericht der Sachbezug durch Dienstleistungen konsequent vernachlässigt?

Die Leistungen des Freistaates beschränken sich nicht auf das Durchreichen eine Miete, weil erstens die Gesamtkosten für die Sanierung nicht durchgereicht werden, und weil zweitens der kalkulatorische Wohnwert auch durch die vielen zwar nicht von Kurt Biedenkopf persönlich genutzten, wohl aber vom Freistaat bezahlten Zimmer besteht, die von niemandem sonst bewohnt werden sowie drittens von den Gesamtkosten aller Dienstleistungen und Leistungen abhängt, die zu Teilleistungen von Kurt Biedenkopf in Anspruch genommen werden.


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