Plenum des Sächsischen Landtags, TOP 10, 18.01.2002
Die Landesregierung läßt sächsische Produkte im Regen stehen.
DS 3-5411 „Power für sächsische Produkte“
Anrede!
mir verschlug es fast die Sprache, als ich unseren Antrag beantwortet in den Händen hielt. Ich konnte mir eben einfach nicht vorstellen, dass die sächsische Staatsregierung 10 Jahre nach der Wende keine Erkenntnisse zur Vermarktung sächsischer Produkte in den alten Bundesländern und angrenzenden europäischen Ländern hat.
Dieser Schönwetter-Wirtschaftsminister, so stellt sich heute raus, hat doch immer nur als treuer Diener seines Königs gewirkt, was interessierte das Land oder seine Partei – und nun ist es ihm eine Herzensangelegenheit zusammen mit dem kleinen König zu gehen.
Wirtschaftspolitik, so stellt sich jetzt raus wurde doch immer nur auf Ingrids Kaffeeterasse am Chiemsee gemacht, für die Biko Freunde, Millardäre und Multimillionäre nicht für den vergessenen Mittelstand. Und was kommt nach dieser egomanischen Monarchie im Lummerland ?
Was in der Antwort zu unserem Antrag Dokumentiert wird, ist nicht neu, es ist
Wirtschaftspolitik im Blindflug.
Aber wir wollen dem hoffentlich qualifizierteren Nachfolger des jetzigen Amtsinhabers gerne eine Chance geben. Dazu nachher mehr.
Ja, es tut bitter Not, dass ich mich als Druckereiunternehmer an dieser Stelle für Ostdeutsche Produkte stark mache.
Denn so sieht die Bilanz aus: 10 Jahre nach der deutschen Einheit führen die Handelsketten im Westen 3-5% Ostwaren. Und dann berücksichtigen Sie mal, dass von den 100 größten Handelsunternehmen lediglich 50% diesen Wert erreichen. Dann wird klar, warum Ost-Konsumgüter in Westregalen mit oft weniger als 2% und in Ostregalen mit nur 20 bis 25% vertreten sind.
Nach Ostdeutschland kommen heute immer noch fünf mal soviel Waren rein wie rausgehen. Volle LKWs rein leere LKWs raus.
46 % dessen was wir hier konsumieren wird nicht von uns selber erwirtschaftet.
Das ist gegenüber Westdeutschland eine Produktionslücke von über 100 Mrd EUR im Jahr.
Das ist soviel wie der gesamte Austausch von Waren und Dienstleistungen der Bundesrepublik mit Frankreich, Italien und England zusammen, ein gigantisches Handelsbilanzdefizit zu Lasten von Ostdeutschland.
Der Kampf ums Überleben hat in den letzten Jahren nur wenige Sieger hervorgebracht. So können die ostdeutschen Konsumgüterhersteller das Märchen vom Rotkäppchen nicht mehr hören. Immer wieder muss die Sektmarke aus Sachsen-Anhalt als Vorzeigebeispiel dafür herhalten, wie erfolgreich sich Ostprodukte auch in den alten Bundesländern durchsetzen können. Die Mehrzahl – insbesondere - sächsischer Produkte schafft den Sprung in die Regale im Westen des Landes nicht. Als Hauptgrund für den mangelnden Erfolg ostdeutscher Hersteller im Vergleich zu ihren Mitbewerbern aus den alten Bundesländern sind oft unzureichende Marketingetats. Doch woher sollen die Unternehmen Mittel für die Vermarktung nehmen, wenn sie keine Gewinne erwirtschaften können. Hinzu kommt die bekannte Eigenkapitalschwäche. Banken geben nur zögerlich oder überhaupt keine Kredite. Da grenzt es schon fast an ein Wunder, dass noch nicht alle bekannten Marken vom Markt sind. Dieses Wunder hat meist zwei Ursachen: Ein ordentliches Management und das Bedürfnis einer ganzen Menge Ostbürger, wieder auf gewohnte Marken zurückzugreifen. Manches ist Ostalgie, manches Kult -zum Überleben einer Marke allein reicht dies aber nicht.
So sieht der Geschäftsführer von „Fit“, Chemische Produkte Hirschfelde, Wolfgang Groß, vor allem auch ein Imageproblem ostdeutscher Produkte. Diese werden fast automatisch auf die Niedrigpreisschiene gedrückt. Und diese niedrigen Preise führen dann dazu, dass auch weniger Geld für die Werbung übrigbleibt. Dazu kommt, dass ostdeutsche Unternehmen viel größere Anstrengungen für neue Maschinen, Verpackungen und vorallem Marketing machen müssen. So habe „Fit“ – nach Aussagen von Herrn Groß – nur überlebt, weil das Spülmittel schon zu DDR-Zeiten eine sehr bekannte Marke war, neue Marken hätten da kaum eine Chance.
Aber auch der Handel ist mitschuldig an der Misere. Setzt sich ein Produkt nicht gleich beim ersten Anlauf durch, landet es automatisch in den untersten Reihen der Regale. In Fachkreisen gelten Ostprodukte schon als die neue Bückware.
Unsere kleinen und mittleren Unternehmen haben noch immer Schwierigkeiten, ausländische aber auch innerdeutsche Märkte zu erobern und sich auf ihnen zu etablieren. Begrenzte Managementkapazitäten, unzureichende Marketingerfahrung und finanzielle Ressourcen behindern das systematische Aufspüren überregionaler Marktchancen. Viele Ideen – gerade im Mittelstand – bleiben irgendwo zwischen Idee und Entwicklung, die meisten Entwicklungen jedoch zwischen der Entwicklung und der Vermarktung stecken.
So ist es zwar ein riesiger Erfolg, wenn die sächsische Wirtschaft im letzten Jahr wieder ihre Exportquote steigern konnte. Die Exportquote wird jeodoch hauptsächlich durch die großen Unternehmen bestimmt. Unsere Unternehmen brauchen deshalb eine effizientere Hilfestellung, um in internationale Märkte einzudringen. Ich denke da vor allem an Polen und Tschechien. Vor allem dort wäre eine umfassende Imagekampagne von großem langfristigem Wert.
Anrede!
Sie kennen das Bild mit der Perle in der Muschel. Das wertvollste Produkt wird nicht gekauft, wenn es nicht gesehen wird.
Einzelne Kampagnen – wie sie sich die Staatsregierung zumindest vorstellen kann – werden nicht ausreichen, um die Vermarktungschancen von Qualität Made in Saxony voranzutreiben. Unsere Unternehmen brauchen dazu Hilfe. Und zwar bald. Eine gemeinsame Imagekampagne von Wirtschaft und Land ist ein Baustein dazu. Daneben muß das Land bei der Förderung von strategischer Beratung und bei der Förderung von Marketingmaßnahmen deutlich zulegen.
Anrede!
ich bitte Sie deshalb eindringlich, stimmen Sie dem Antrag der SPD-Fraktion zu. Wir brauchen zuerst eine Studie über die bisherige Vermarktung und eine Schwachstellenanalyse. Und dann zügiges Handeln. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, geben Sie dem neuen Wirtschaftsminister doch wenigstens die Chance, unverzüglich zu handeln. Der amtierende Minister scheint ja nicht mehr voller Tatendrang zu stecken.