Karl Nolle, MdL

Karl Nolle, MdL im Plenum des Sächsischen Landtages, 05.02.2004

Untersuchungsausschuss Paunsdorf: Rede zum Minderheitenvotum "Nennen die Juristen dies nicht Strafvereitelung im Amt ? "

Zur Not auch Klagerzwingungsverfahren ...
 
Frau Präsidentin, Meine Damen und Herren!

(Zu Beginn seiner Rede ging Nolle auf seinen Vorredner, Rohwer, CDU, ein.)
Werter Kollege Rohwer! Das Märchen, dass Sie uns hier aufgetischt haben, dass (durch die Paunsdorfmietverträge) kein Schaden entstanden sein soll, glaubt doch nicht einmal mehr der Ex-Ministerpräsident Biedenkopf, denn der hat ausweislich des Protokolls seiner Vernehmung eingeräumt, dass mindestens der Schaden entstanden ist, den der Rechnungshof festgestellt hat und der beläuft sich auf ca. 30 Millionen DM, wenn das kein Schaden ist, dann weiss ich es nicht! Und dies wissen Sie doch ganz genau!)


Meine Damen und Herren!

Am 14.4. 2000 eröffnete mir meine Kollegin Gudrun Klein, dass ein Untersuchungsausschuss in Sachsen nur dann erfolgversprechend sei:

1) wenn der verdächtige Sachverhalt eigentlich nahezu erwiesen ist,

2) wenn die entscheidenden Akten der Staatsregierung aus anderer Quelle bereits vorliegen,

3) wenn man über „bombensichere“ Zeugen ohne Eigeninteresse bereits verfüge.

4) und wenn dann die Legislaturperiode noch jung sei - dann könnte es gelingen, inkriminiertes Verhalten aufzuklären und publik zu machen.

Ich habe dies, naiv wie ich damals war, in unserer Demokratie nicht für möglich und für einem Rechtsstaat nicht würdig gehalten.

Heute, nach Erfahrungen in zwei Untersuchungsausschüssen und dem Erlebnis, dass die CDU-Mehrheitsfraktion aber auch nicht die Bohne Aufklärungs- und demokratisches Kontrollinteresse zeigen will, kann ich meiner Kollegin nur zustimmen.

Ja, es gab bereits schon Erfahrungen in der 2. Legislaturperiode mit „Sachsenmilch“, mit dem Privatisierungsmief des Abwasserzweckver-bandes Arzberg-Beilrode, von dem es aus der CDU heute noch heißt, es handele sich um einen handfesten Parteispendenskandal und wir kannten schon den „Schwarze – Listen - Minister Meyer, für den das Stasi Unterlagen Gesetz vorsichtshalber nicht galt und von dem, gerichtlich festgestellt, gesagt werden darf, er habe das Parlament belogen.

So wurde vor fast 3 Jahren mit diesem Ausschuss begonnen, was scheinbar schon zum Scheitern verurteilt war.
Aber dann wurde alles doch anders – und Grund dafür war ein wohl irrtümlicherweise übersandter Aktenordner des Investors Heinz Barth.

Die ersten 65 Seiten des insgesamt 350 Blatt umfassenden Ordners offenbarten, was wohl die kühnsten Träume eines jeden Staatsanwaltes außerhalb Sachsens zum Glühen bringen würde.

Jahrelanges Leugnen, Vertuschen, Falschaussagen selbst des Ministerpräsidenten Biedenkopf, das Wegverschwinden von Akten der Staatskanzlei bis zum Belügen des Parlamentes bei Antworten auf Anfragen der SPD Fraktion, das alles hatte nach diesem Gift-Ordner, wie er genannte wurde, seit der 3. Novemberwoche 2001 nichts genützt.

Heute wissen wir, dass die Genehmigung und Planung von Paunsdorf nicht zum Wohle Sachsens erfolgte, sondern zum Wohle von Heinz Barth.

Heute wissen wir, dass die Konzentration der Behörden, umgangssprachlich das „Vollmieten“ von Paunsdorf nicht zum Wohle der dort Tätigen erfolgte, sondern zum Wohle von Heinz Barth.

Heute wissen wir, dass der Investor über den Ministerpräsident die überhöhten Mietpreise bestimmt hat, zu seinem eigenen Wohle.

Heute wissen wir, dass der Ministerpräsident die Konditionen des späteren Ankaufspreises zum Nachteil des Freistaates verändert hat, natürlich zum Wohle von Heinz Barth.

Anrede

Dies alles wissen wir wegen eines unglaublichen Zufalls, den uns ein vermutliches Kanzleiversehen des Barth-Anwaltes beschert hat.

Doch warum sind solche Erkenntnisse eigentlich von Zufällen abhängig ?

Weil absolute korrumpierte Macht sich deckt, duckt, verschleiert und täuscht.

Kein Finanzminister, kein Abteilungsleiter, kein Mitarbeiter wagte zu widersprechen. Kein Abgeordneter der Mehrheitsfraktion wagte zu untersuchen. Kein Staatsanwalt wagte zu ermitteln – und wagt es bis heute nicht.

Ein solcher Art absolutistisches System, wie das System Biedenkopf, erstickt alle Möglichkeiten von Kontrolle und Korrektur.

Den Verlust jeglicher Selbstheilungs- und Selbstreinigungskräfte der sächsischen Christdemokraten hat das der Chefredakteur der Freien Presse, Dieter Soika, in einem beachtlichen Kommentar einmal genannt.

Dass, was sich im Barth-Schriftverkehr, und nicht nur in einem Brief, des ehemaligen MP Kurt-Hans mit seinem Freund Heinz aus Köln offenbarte, war die plumpe Behandlung des Freistaates Sachsen als politische Beute und das Verteilen der finanziellen staatlichen Ressourcen in private Hände.

Das war kein Einzelfall, das war das Bauprinzip der absoluten CDU-Herrschaft.

Nehmen wir als weiteres Beispiel das Herz- und Kreislaufzentrum, ein Projekt von Biko-Freund Roland Ernst (dem Heinz Barth des Dresdner Herzzentrums, der auch bei Sachsenmilch seine Finger drin hatte. Wer weiß noch, dass der damalige Finanzminister dieses Modell im Ausschuss für Finanzen nicht bereit war, selbst vorzustellen? Wer weiß noch, dass Biedenkopf die Frage der Zustimmung innerhalb der CDU Fraktion mit seiner persönlichen Drohung, andernfalls zurückzutreten, verbunden hat?

Wer das weiß, der mag ahnen, wie auf jeden Einzelnen Druck ausgeübt wurde.
Und wer dann noch weiß, dass diesem Roland Ernst unter Anleitung des Finanzministeriums eine Steuerschuld in zweistelliger Millionenhöhe erlassen wurde, der sieht das Grundproblem: Auch heute steht an der Spitze des Freistaates ein Politiker, der damals fleißig mitgemacht hat.

Gewehrt hat sich von Ihnen keiner, werte CDU Kollegen. Warum sollten Sie auch die Hand, die Sie füttert, beissen?

Sie waren es, die sich um des eigenen Verbleibens an der Macht, um der eigenen sicheren Zukunft eines Landtagsmandates willen, haben korrumpieren lassen. Und genau das ist es, was man mit dem „schwarzen Schleier über Sachsen“ richtig beschreibt.

Es ist ein schwarzer Schleier aus wechselseitigen Abhängigkeiten, des Nichtausübens gegenseitiger Kontrolle aus Parteiräson und des wech-selseitige Nutzens von Vorteilen eigener Machtstrukturen.

Dies aufzubauen und zu perfektionieren, dass haben sie bisher sehr erfolgreich vermocht.

Sind Sie nicht damals für Wahrheit und Klarheit auf die Strasse gegangen? Erinnern Sie sich noch an die Transparente, die damals manche von Ihnen getragen haben, meine Damen und Herren von der CDU?

Alle wesentlichen Ämter in Sachsen, von ganz unten bis ganz oben, sind mit dem gleichen Parteigesangbuch durchorganisiert und der Dienstweg der Rechtsaufsicht durch den internen Parteiweg ersetzt.

An dieser Wirklichkeit einer Staatspartei in Sachsen nimmt die Demokratie, für die die Menschen 1989 auf die Strasse gegangen sind, schleichenden Schaden.

Willy Brandt hat einmal gesagt, „Demokratie bedeutet Kontrolle von Macht“, und das heißt natürlich Kontrolle der Regierung.

Diese Kontrolle findet aber offenkundig nicht statt durch eine CDU Mehrheitsfraktion in diesem Parlament, die sich offensichtlich dafür entschieden hat, einen Abnickverein mit Pensionsanspruch zu spielen.

- Jeder weiß, dass Demokratie in einem Rechtsstaat so nicht funktioniert und nicht funktionieren kann. Genauso wie jeder weiss, dass ein Ministerpräsident nicht lügen darf.

- Jeder weiß, dass ein Ministerpräsident nicht in einer Villa wohnen kann mit 7 Bediensteten, das aber nur zur Plattenmiete.

- Jeder weiß, dass Dienstkarossen keine schwarzen Taxen sind, um Mehl und Zucker von Aldi oder Enkelkinder vom Kindergarten zu holen.

- Genauso, wie jeder weiß, dass Hangwasser eben nicht gleich Hochwasser ist.

- Genauso, wie der jetzige Ministerpräsident gemerkt hat, dass sein Olympiastaatssekretär nicht den Unterschied zwischen dienstlich und privat kennen wollte, als es um viel Geld ging.

Aber die Entlassung von Köhler war offensichtlich nur ein Irrtum und wir hatten gehofft es war Einsicht, Herr Ministerpräsident Georg Milbradt.

Eben noch als Staatssekretär nach Hause geschickt und die Tinte der Ermittlungen ist noch nicht trocken, schon gratulieren sie ihm herzlich zur Nominierung als Wahlkreiskandidat - ohne Schamfrist. Nichts verstanden ? Nichts gelernt ? Nichts gewusst ?

Ich kann ihnen helfen. Im „Mannheimer Morgen“ konnte man schon am 29. November 1989 lesen, was Wolfram Köhler für sich erkannt hat, Zitat: „Du hast nur die Wahl entweder „Geldgeber oder Geldnehmer zu sein“.

Da wird einem doch vieles klarer, oder ?

Und es kommt noch dicker, Zitat: „ Was wir brauchen ist das Gefühl: Ich bin stolz eine Deutscher zu sein.“ Und weiter „nur in deutschsprachigen Texten sind deutsche Gedanken begraben.“ Und dann sagte er noch, dass er gern Wirtschaftsminister werden möchte.

Mit Verlaub Herr Gillo, wenn ich mir die köhlerschen Freundlichkeiten in Sachen Sandig anschaue, dann sollten Sie in den nächsten Monaten keine Auslandsreisen unternehmen, sonst sitzt, wenn Sie zurückkommen, der fröhlich unbeschwerte bis auf die Knochen deutsche Bänkelsänger auf Ihrem Stuhl. Na dann Prost Sachsen !

Anrede

Viele Menschen fragen sich: Warum muss ich korrekt sein und denen da oben wird alles nachgesehen?

Weil im Fall Paunsdorf fast komplizenhaftes Einverständnis bestand, staatsanwaltliche Ermittlungen zu unterbinden.

Zunächst wollte oder durfte die Staatsanwaltschaft den konkreten Ermittlungshinweisen des Landeskriminalamtes nicht folgen.

Stattdessen wurde ein Vorermittlungsverfahren, von der Strafprozessordnung gar nicht vorgesehen, im Umfang von 30 Aktenordnern angelegt.

Dann meinte die Leipziger Staatsanwaltschaft, dass die Verjährung droht. Aus der Generalstaatsanwaltschaft wurde zunächst geäußert, man sollte mit einer Beschuldigtenvernehmung die Verjährung unterbrechen.

Als man sich jedoch bewusst wurde, dass wohlmöglich der Ministerpräsident zu vernehmen sei, hieß es plötzlich wörtlich dann „solle man alles so lassen, wie es ist“.

Ist es wirklich eine Frage, wo wir heute wären, hätte die Staatsanwältin damals den einen, einzigen Aktenordner von Heinz Barth bei einer Durchsuchung gefunden.

Eines Untersuchungsausschusses hätte es sicher nicht mehr bedurft, vielleicht eher der Nachfrage wohin die Ehefrauen dewr Betroffenen den Kuchen bringen sollten und wie die Besuchzeiten geregelt sind.

Anrede

Ich kann uns heute nicht die Frage ersparen. Warum wurde in der Vergangenheit nicht konsequent aufgeklärt, was der Aufklärung bedürftig war?

Warum konnte eine Situation entstehen, in der man sich nun auf Verjährung zu berufen können meint?

Die Antwort ist ebenso traurig wie offenkundig:

Die Justiz, genauer, die an die Weisungen des Justizministers gebundene Staatsanwaltschaft, noch genauer die Generalstaatsanwaltschaft hat ihre Arbeit nicht getan, weil sie entweder versagt hat oder daran gehindert worden ist.

Der Generalstaatsanwalt Schwalm und seine Staatsanwälte fanden zwar Zeit, den Sächsischen Datenschutzbeauftragten Dr. Giesen vor Gericht zu bringen und ein unsinniges Verfahren bis hin zum Bundesgerichtshof zu treiben. Aber die hier in Rede stehenden Vorwürfe wegen Paunsdorf werden teils in vorauseilendem Gehorsam, teils auf Bitten von oben nicht verfolgt. Nennen die Juristen dies nicht Strafvereitelung im Amt ?

Und was macht das Justizministerium, das doch sonst seinen Generalstaatsanwalt am engen Zügel führt?

In Sachsen tut man so, als wenn man mit der Sache nichts zu tun hat. Es wird gedeckt, was nicht gedeckt werden darf. Das ist Korruption auf der Ebene der Aufsichtsorgane!

Und was macht der Justizminister? Er hat die Chance des neuen Amtes nicht genutzt um das, was an seinem Erbe anrüchig war, so aufzuarbeiten, dass wir alle uns als in einem Staat lebend fühlen können, der ohne Ansehen der Person gegen Korruption einschreitet.

Der Justizminister arbeitet aber nicht nur die schmutzige Vergangenheit nicht auf, er setzt sogar noch einen drauf. Nun verkündet er mit staatsmännischem Gestus: Seine integrierte Korruptionstruppe, die auf den medienwirksamen Namen INES hört, wird sich sogar mit den Dunkelfeldern der Korruption beschäftigen, sagte er. Welch tolle Botschaft!

Aber wie steht es mit den Paunsdorfer Dunkelfeldern, fragt sich der überraschte Bürger? Warum kommt der Herr de Maiziere erst jetzt auf das, was doch mehr als naheliegend ist?

Aber kommt er denn wirklich darauf ?

Die INES-Truppe bei der Staatsanwaltschaft soll unter anderem 10 Staatsanwälte umfassen. Wo sind diese 10 Staatsanwälte? Bestimmt nicht bei der schon jetzt restlos unterbesetzten Staatsanwaltschaft Dresden, die nach meinen Erkenntnissen allein bis zu 8 Ausfälle wegen Mutterschutz zu verkraften hat.

Oder wird der Justizminister ein paar rotierende Sozial-, Arbeits- und Verwaltungsrichter, die noch nie eine Staatsanwaltschaft von innen gesehen haben, zu seiner angeblich hochspezialisierten INES-Truppe beordern?

Noch nicht einmal in seinem von der CDU-Fraktion bestellten Bericht vom 28.01.2004 hat dieser Justizminister sich veranlaßt gesehen, für die angeblich neue Aufgabe auch neue Stellen zu verlangen, wofür jeder Verständnis aufbringen müsste.

Er räumt sogar ein, dass INES zum 1. März 2004 zunächst nur mit der Hälfte des vorgesehenen Personals anfangen soll.

Das ist unseriös und eine beachtliche Steigerung zum Schlechten hin. Die Justizminister Heitmann und Kolbe haben angesichts der Umstände wenigstens den Mund gehalten, kaum aus schlechtem Gewissen, sondern wohl eher aus Arroganz der sicheren absoluten Macht mit absoluter Mehrheit.

Aber der Herr de Maiziere redet die Lage schön und versucht dem Landtag und den Bürgern sich als den großen und begnadeten Korruptionsbekämpfer zu präsentieren.

Das ist Politik zum Abgewöhnen - ein Missbrauch des Amtes für die eigenen Karrierezwecke - und Ausdruck einer geistigen Korruptheit, die unter anderem - die Mutter aller Korruption ist.

Die Staatsanwaltschaft versucht in letzter Zeit nicht mehr, den hohen oder gar dringenden Verdacht zu leugnen, dass beim Abschluss der Paunsdorf-Verträge der Freistaat durch Untreue der Verantwortlichen geschädigt wurde. Auf die sehenden Auges zugelassene Verjährung wird verwiesen.

Aber nicht einmal das ist richtig. Wir können es heute im Beitrag von Thomas Schade in der Sächsischen Zeitung nachlesen: „Die Annahme einer Verjährung entspricht nicht dem Stand der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes.“ So sagt es ein höchst angesehener Dresdner Strafrechtsprofessor, Dr. Knut Amelung.

Es kann auch kaum anders sein: Wenn der Freistaat jeden Monat eine überhöhte Miete zahlen muss, was auch der Rechungshof festgestellt hat, können sich die Verantwortlichen nicht gleichzeitig hohnlachend auf Verjährung ihrer Taten berufen.

So wie die Entscheidungen der weisungsabhängigen Staatsanwälte dem Urteil des unabhängigen Rechtswissenschaftlers nicht standhalten, so wenig hätten die Konstruktionen der verfolgungsscheuen Staatsanwälte vor unabhängigen Gerichten eine Erfolgsaussicht.

Deshalb wird, wenn es um die Mächtigen geht, nicht richtig ermittelt und schon gar nicht angeklagt, wie es sich gehören würde.

Und mit Verlaub, heute ist nicht der Tag Nettigkeiten zu verteilen. Des-halb sage ich: Wenn es um die Mächtigen im Freistaat geht, ist die Sächsische Staatsanwaltschaft zur institutionalisierten Strafvereitelungsbehörde geworden.

Welch furchtbarer Rückschritt gegenüber dem, wofür die Menschen in diesem Lande 1989, auf die Straße gegangen sind, auch Mitglieder und spätere Mitglieder der CDU, die heute als "Revolutionsadel" parteiintern belächelt und verspottet werden.

Herr Ministerpräsident Milbradt, um ihre Regierung sind Sie nicht zu beneiden.
Der Innenminister sitzt auf einem Geschäftsbereich, in dem es in den verschiedensten Ecken offenbar wild zur Sache geht. Und der Justizminister versucht, sich die Korruption - die Landtagswahl fest im Blick - zum Zwecke der billigen Selbsterhöhung zunutze zu machen.

Wenn es Ihnen ernst wäre mit Ihrem Kampf gegen die Korruption, würden Sie auf beide Herren verzichten, eh es zu spät ist.

Doch es kommt noch schlimmer: Was hatte Kurt Biedenkopf im Unter-suchungsausschuß gesagt, „für die schlechten Verträge trägt allein der Finanzminister die Verantwortung.“

Herr Milbradt, haben sie nur geduldet und weggeschaut oder haben Sie aktiv mitgemacht bei Biedenkopfs Monopoly? Sie waren doch von Anfang an dabei. Sie kannten die Verhältnisse in der Schevenstraße, legten Jahr für Jahr einen Haushalt vor, der Zuwendungen in Gestalt von Koch und Putzfrau, Diener und Gärtner an den Ministerpräsidenten nicht vorsah. Irgendwann haben Sie sich dann aus der Wohngemeinschaft verkrümelt.

Sie kannten die Tücken der Paunsdorf-Verträge für den Freistaat, wussten als kühler Rechner genau, dass diesen Bedingungen ein Geschenk an Heinz Barth waren.

Sie waren doch Finanzminister, als Roland Ernst, trotz Intervention der Stuttgarter Steuerfandung, Steuerschulden in Höhe von 20 Millionen erlassen wurden.

Sie waren des Ministerpräsidenten Freund, Vetrauter, Gehilfe, Weggefährte.
- Bis er Ihren eigenen Ambitionen im Wege stand. Es folgte Ihre Entlassung und Ihr langer Weg in Ihr heutiges Amt, ausgerechnet in der Zeit, in der in Sachen Paunsdorf, Schevenstraße und den anderen kleinen und großen Skandalen mehr aus dem Inneren des Systems Biedenkopf zu Tage trat, als in den zehn Jahren zuvor.

Anrede

Ich habe gegen die Einstellung der Ermittlungen wegen angeblicher Verjährung den vorgesehenen Rechtsweg der Beschwerde zum Generalstaatsanwalt beschritten, so wie ich schon in meinen Strafanzeigen ausdrücklich auf die höchstrichterliche Rechtssprechung hinwies, die in Sachsen wohl nicht gelten soll.

Und ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, für den Fall, dass es erforderlich werden wird, prüfen wir, ob wir als Abgeordnete wegen Untätigkeit der Staatsanwaltschaft und Regierung, die Rechte des Parlamentes und des geschädigten Freistaates geltend machen können, indem wir durch ein Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht die Sache endlich der Prüfung durch unabhängige, keiner Weisung der Regierung unterworfene, Richter zuführen.

Wie objektiv Staatsanwälte arbeiten können, sehen sie am Beispiel Nordrhein- Westfalens: Die Unrechtmäßigkeiten der Finanzierung der Kölner Parteien wurden und werden konsequent aufgeklärt, bei der Regierungspartei SPD genauso wie bei der CDU.

Ob die Sächsische Justiz genauso viel Entschlossenheit bei der Aufklärung der Spendenaffäre der Leipziger CDU an den Tag legen wird, ist nach den Erfahrungen mit Paunsdorf leider nicht zu erwarten.

-----------------------------------------------------------------------------

Anmerkung von Karl Nolle: Ich habe parteiübergreifend sehr viel Zustimmung zu meiner Paunsdorf Rede erhalten,aber auch Meinungsäußerungen, die meine Formulierung: "Wenn es um die Mächtigen im Freistaat geht, ist die Sächsische Staatsanwaltschaft zur institutionalisierten Strafvereitelungsbehörde geworden", als zu scharf oder als unpassend empfunden haben.

Die Formulierung bezieht sich natürlich nur auf die Fälle, in denen die Verfehlungen der politisch Mächtigen eine Rolle spielen. Ich denke, dass alle anderen Fälle normal und korrekt behandelt werden, wie anderswo auch.

"Institutionalisiert" ist die Strafvereitelung. Also keine strafbaren Handlungen der Individuen, sondern die Institution Staatsanwaltschaft vereitelt Strafe, wo sie eigentlich verwirkt wäre.

Dies beschreibt ein System vorauseilenden Gehorsams, in dem zur Not dann die "Bitte" eines Vorgesetzten genügt, das politisch Gewollte durchzusetzen. Grundsätzlich weiß aber jeder, der in diesem System längere Zeit überleben will, was von ihm erwartet wird. Inhaltlich gibt es viele Möglichkeiten, dies umzusetzen: Ermittlungsansätze nicht verfolgen, rechtliche Konstruktionen und Konstruktiönchen unsinnigster Art, Verschleppen von Verfahren, bis sie sowieso keinen mehr interessieren. Öffentlich kann man das kaum bloßstellen. Das Votum der Opposition zu diesen Dingen wird nicht als erheblich angesehen und Äußerungen von unabhängigen Fachleuten sind selten.

Deshalb ist das Zitat von Professor Amelung in der SZ vom 5.2.04 ganz wichtig, weil er eindeutig und zu Recht erklärt, dass man so wie die Staatsanwaltschaft Dresden jetzt zuletzt (und vor ihr auch schon die Staatsanwaltschaft Leipzig) die Verjährung der Vorwürfe nicht begründen kann.

Dass aber gleich zwei Staatsanwälte in Sachsen zu diesem Konstruktiönchen greifen, was jeder juristisch Halbgebildete schnell als solches erkennt, belegt das, was ich als "institutionalisierte Strafvereitelung" bezeichnet habe.

Abschließend noch ein Beispiel. Allen die als Juristen mal Einblick in die Aufgaben und die Praxis von Staatsanwälten erhalten haben, ja sogar interessierten juristischen Laien, muß sich förmlich der Magen umdrehen, wenn sie lesen müssen, dass in der Leipziger Parteispendenaffäre der CDU u.a. Staatsanwaltschaft und Steuerfahndung gespannt auf die CDU-internen Ermittlungsergebnisse warten.

Hier stehen aber massiv Delikte wie Steuerhinterziehung, Betrug und Untreue im Hintergrund. Die Akten und Unterlagen hierzu gehören in die Hände von Steuerfahndern und Staatsanwälten, durch sofortige Sicherstellung, notfalls Durchsuchung und Beschlagnahme. Wenn das gesichert ist, kann neben und bei den amtlichen Ermittlungen selbstverständlich eng mit der parteiinternen Aufklärung zusammengearbeitet werden, wie es in Köln (SPD/CDU) auch der Fall war.

Die "institutionalisierte Strafvereitelung" hier in Sachsen, aber wird in ein paar Monaten aufklären, was noch übrig ist. Jeder darf dreimal raten wieviel das noch ist. Das ist eben der Unterschied, den ich beschreiben wollte.

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: