Dresden/Blasewitz, 16.09.2000
Brücken bauen zwischen den Menschen und der Zeit
Rede zur Eröffnung des Volksfestes zur 650 Jahrfeier von Blasewitz
Zunächst einmal herzlichen Dank dafür, daß ich bei diesem großartigen Fest der Bürgerinitiative Blasewitz e.V., hier am Schillergarten, dabei sein darf. Nach der sehr anrührenden "heimlichen" Eröffnung gestern Abend mit der "Spurensuche" in der Heilig Geist Kirche, ist es heute meine Aufgabe, als Schirmherr den 650. Geburtstag von Blasewitz offiziell zu starten.
Wenn man eine Stadt zum ersten Mal besucht, bleiben einem immer bestimmte Bilder in Erinnerung. Ich habe die Geburtsstadt meiner Großeltern, Torgau an der Elbe, zum ersten Mal 1975 kennengelernt.
Etwas weiter elbaufwärts besuchte ich 1985 Dresden zum ersten Mal und kam dann von dieser Stadt nicht mehr los. In meiner Erinnerung blieb jedoch nicht zuerst der Zwinger haften. Es war auch nicht der berühmte Canaletto-Blick. Es waren, die geniale Brücke, das Blaue Wunder, die malerischen Elbhänge und die vielen Villen im Grünen, die sich bei mir tief einprägten. Sie sind für mich das Symbol für Dresden.
Diese Schönheit und Einzigartigkeit von Blasewitz waren für mich und meine Frau der Grund, hier zu wohnen. Sie waren der Grund, hier unser Unternehmen mit inzwischen über 60 Mitarbeitern, davon 9 Lehrlinge, aufzubauen. Und sie waren für mich auch ein Grund, diesen Stadtteil und seine Menschen im Sächsischen Landtag zu vertreten.
Blasewitz ist bekannt für seine Offenheit, für seine Liberalität aufgeklärter und aufklärender, moderner Bürger, für Kunst und Kultur. Seit dem 19. Jahrhundert zogen die Leute aus der Residenzstadt und von anderswo hierher an den grünen Bogen der Elbe. Eines der schönsten Beispiele für die Transparenz des Ortes sind für mich die offenen Zäune und Vorgärten um die Häuser. Die Zäune hier grenzen nicht ab, sie sind durchsichtig. Ich habe persönlich erfahren, daß diese Offenheit auch in den Herzen der Menschen ist. Neue Bewohner sind hier immer herzlich aufgenommen worden. Wie auf mich, so wirkte offenbar auch auf viele andere Menschen dieser Reiz.
In den letzten zehn Jahre haben, mit der Rekonstruktion der gelittenen und geschundenen Häuser, viele Menschen in Blasewitz wieder eine neue Heimat gefunden. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, die neuen Blasewitzer, ob aus Ost oder West, Nord oder Süd, herzlich in unserer Mitte zu begrüßen. Und ausdrücklich möchte ich auch unsere neuen ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger willkommen heißen.
Aber es gilt nicht nur Brücken zu bauen zwischen den Menschen. Wir müssen auch Brücken bauen zwischen den Zeiten.
Viel ist in den letzten Jahren hier restauriert worden. Viele Schandflecke sind beseitigt worden. Aber es sind auch viele schöne Erinnerungen aus den Jahren der DDR verschwunden. Lassen wir doch ein paar Souvenirs aus der DDR-Zeit stehen. Sie gehören auch zur Geschichte von Blasewitz.
Wer von ihnen ist früher noch nicht von der Bootsanlegestelle Blasewitz abgefahren? Wer von Ihnen weiß noch, wann die Apfelsaft-Reklame am Schillerplatz das letzte Mal leuchtete? Wer von Ihnen kann sich noch an die Teddy-Reklame am Spielzeugladen um die Ecke erinnern?
Ich bin der Meinung, wir sollten diese kleinen Erinnerungen erhalten. Wir sollten sie unter Denkmalschutz stellen. Und wir sollten sie wieder zum Leuchten bringen. Das sind die kleinen Brücken durch die Zeit. Das Engagement dafür lohnt sich. Für die Wiedereinrichtung der Bootsanlegestelle in Blasewitz können Sie übrigens am Stand der Bürgerinitiative Blasewitz unterschreiben.
Liebe Blasewitzer,
Ich sprach gerade von Brücken zwischen den Menschen und von Brücken durch die Zeit. Das heutige Fest führt beides zusammen.
Dieses 650-Jahr-Feier ist ein ganz besonderes Fest. Es ist nicht von oben verordnet. Es ist ein Fest von Bürgern für Bürger. Es ist ein Fest für die Alteingesessenen , Neuankömmlinge und Neuwillkommene. Es ist ein Fest für Kinder und Erwachsene.
Wir verdanken es dem Bürgerverein Blasewitz mit seinem unermüdlichen Motor. seinem Vorsitzenden Dr. Renner.
Ihnen, meine Damen und Herren, und allen ihren fleißigen Helferinnen und Helfern, gebührt unser Dank , allen, allen, allen.
Ihr Engagement bescherte uns die vielen großen und kleinen Höhepunkte dieser Tage. Ihr Enthusiasmus und Fleiß bringt uns viele große und kleine Begegnungen an diesem Wochenende.
Es ist mir deshalb eine große Ehre und ein großes Vergnügen heute als Schirmherr und Sponsor dieses Fest zu eröffnen. Ich kann nur hoffen, daß wir in Zukunft noch mehr solche Feste werden feiern können. Damit wir als Freunde näher zusammen kommen, und wie Willy Brandt es einmal sagte: damit zusammen wächst, was zusammen gehört.
Das das so ist und werden kann, sehen wir an dieser Stadt und besonders in an Blasewitz.
Ganz besondere Grüße gehen aber heute auf die andere Seite der Erdkugel zu Claudia Blasberg, die für Blasewitz um eine Olympiamedallie rudert, was eine schöne Fortsetzung der bisher so erfolgreichen Blasewitzer Olympiaerfolge wäre.
Claudia Blasberg wir drücken Dir die Daumen.
Meine Damen und Herren,
unser schönes Blasewitz hat es verdient zu feiern. Es hat verdient, gefeiert zu werden. Und nach den damaligen braunen und später mausgrauen Zeiten hat es dieses Blasewitz und unsere Landeshauptstadt Dresden verdient bunt zu werden und bunt zu bleiben, wie der bunte Blumenstrauß der so unterschiedlichen Menschen, die hier in Blasewitz mit ihren so unterschiedlichen individuellen Fähigkeiten, Künsten und toleranten, freiheitlichen Ansichten wohnen.
Die 650-Jahrfeier dieses einmaligen Blasewitz ist hiermit offiziell eröffnet!
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(Schirmherr und Sponsor,
Karl Nolle, SPD-MdL)