Pressemitteilung, 15.12.1999
Modellprojekt "Arbeitsplätze im Niedriglohnbereich"
Nolle: Minister Schommer versteht nicht, worum es geht
DRESDEN. Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Karl Nolle, hat den Minister für Wirtschaft und Arbeit, Kajo Schommer, wegen seiner Äußerungen zum Modellprojekt "Niedriglohnsektor" kritisiert. "Hat Herr Schommer wirklich nicht verstanden, worum es bei diesem Projekt geht?"
Das Berliner Bündnis für Arbeit hat am 12.12.99 die Durchführung von drei Modellversuchen "Arbeitsplätze in Niedriglohnbereichen" , davon eines in Sachsen, beschlossen.
Ziel eines solchen Versuches ist es, daß bei Niedriglöhnen vom Brutto Netto mehr übrig bleibt. Dies wird durch Subvention von Sozialbeiträgen möglich.
Dadurch lohnt es sich für gering qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer niedrig bezahlte Jobs anzunehmen, weil der Lohn nach Abzug aller Steuern und Beiträge deutlich über dem Sozialhilfesatz läge. "Durch die Subventionierung der Sozialbeiträge finanziert der Staat Arbeit statt Arbeitslosigkeit. Alle Initiativen auf diesem Gebiet verdienen die Unterstützung Sachsens, da sie neue Jobs vor allem für Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte schaffen."
Auch für die Unternehmer ist ein solches Modell von Nutzen, da die Bruttogehälter gleich bleiben würden. Hinzu kommt - durch die steigenden Nettolöhne - eine größere Binnennachfrage. "Ein solches Modell stärkt die Wettbewerbsfähigkeit", unterstreicht Nolle.
Die Bemerkungen Schommers, wonach im Osten niemand einen zusätzlichen Niedriglohnsektor brauche, zeigen, "daß der Wirtschaftsminister sich nicht für die Probleme der Arbeitslosen und einfachen Arbeiterinnen und Arbeiter interessiert", so der Dresdener Landtagsabgeordnete. "Das zu testende Modell will nicht niedrige Löhne einführen oder Tarifverträge unterlaufen. Die vorhandenen niedrigen Löhne sollen attraktiv für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gemacht werden. Arbeit soll sich lohnen, nicht Arbeitslosigkeit oder Sozialhilfe", unterstreicht Nolle.
"Der Staatsminister sollte sich lieber Gedanken machen, wie Mitnahmeeffekte aus einem solchen Niedrig-Lohn-Modell verhindert werden können und wie man mittelfristig die Löhne und Gehälter in Ostdeutschland an Westniveau heranführen kann", fordert Karl Nolle den Wirtschaftsminister auf. Wenn allein durch niedrige Löhne Sachsen ein Erfolgsmodell wäre - wie Schommer immer wieder betont - dann sollte er auch die Frage beantworten, wieso es in Sachsen heute 80.000 Arbeitsplätze mehr gibt als vor fünf Jahren.
Gestern wurde bekannt, daß in Sachsen (Regierungsbezirk Chemnitz) das vom Bündnis für Arbeit vereinbarte Modell für den Niedriglohnsektor getestet werden soll.