Sächsische Zeitung, 03.11.1998
KULTUR: Dresdner Bürgergesellschaft für Kulturförderung
"Lieber selbst in die Pedale treten"
DRESDEN. Erste Benefizmatinee des Dresdner Kulturfördervereins
Wenn er gut ist, kennt sich ein Hoteldirektor aus zwischen Kochtöpfen und Kissenbezügen. Aber mit Kunst? Was tut einer wie Uwe Frommhold vom Kempinski Taschenbergpalais, wenn in einem halben Jahr über hundert Künstler und Gruppen um Unterstützung bitten? Wie sachkundig kann er entscheiden? Dabei helfen will künftig die Dresdner Bürgergesellschaft für Kulturförderung e. V. Sie will Wirtschaft und Kultur an einen Tisch bringen und die Tourismusbranche mit dazusetzen. Es könnten sich bei solcher Gelegenheit Künstler und Kulturinstitute besser kennenlernen, die meist allein und auch mal gegeneinander vor sich hin arbeiten.
Kommunikation heißt für die Bürgergesellschaft das Zauberwort. Geld bringt das nicht. Aber es könnte welches beschaffen helfen. Mancher mag zweifeln am Nutzen des Netzwerks. Den Zweiflern gab der Schauspieler Rudolf Donath am Sonntag bei der ersten Benefizmatinee des Vereins einen hübschen Satz des Theatermannes Tabori mit auf den Weg: "Weil in der Kunst wie in der Liebe jede Warum-Frage mit einem ,Warum nicht?` beantwortet werden kann." Donath sprach auch den berührenden Schlußmonolog aus Heins Stück "Die Ritter der Tafelrunde", er las einen Text von Polgar. Der Schauspieler und die Musiker von den Dresdner Sinfonikern verzichteten aufs Honorar. "Was der Verein will, finde ich wichtig", sagte Rudolf Donath. "Ich finde es richtig, daß man in die Pedale tritt und nach Möglichkeit selber fährt, statt nach einem Fahrer zu jammern."
Dabei fehlt es nicht an Gründen zum Klagen. Vereinsvorsitzender
Karl Nolle, Chef im Druckhaus Dresden: "Das Interesse an Kultur und Bildung scheint heute ein Luxusgut geworden zu sein, Verschiebemasse für Haushaltsberatungen." Die sprichwörtliche Armut der öffentlichen Hand gefährde die kulturellen Lebensgrundlagen. Sogar von einer Verkümmerung der Seelen sprach Nolle. Nur die Bürger könnten dagegen wirken in einem Akt der Selbsthilfe.
Der Anfang mag bescheiden klingen. Der Verein will ab Frühjahr den "Kulturkalender" herausgeben, der monatlich über Termine in Dresden informiert und bisher von den Theatern finanziert werden muß. Ein Plakat soll wieder einen Überblick geben über Ausstellungen, denn die Stadt hat das eingestellt. Der Verein ist auch dabei, eine Kulturlotterie zu erfinden und eine auf Kultur konzentrierte Stiftung Dresdner Bürger.
Die Stadtverantwortlichen haben allgemeines Interesse signalisiert, konkretes fehlte am Sonntag noch. Dabei waren attraktive Preise zu gewinnen in einer Tombola. Den Hauptpreis übergab Uwe Frommhold vom Dresdner Kempinski Hotel: ein Aufenthalt im Haus gleichen Namens in Weimar, dazu Karten fürs Kulturhauptstadtjahr. So werden mit Erfolg Fäden gesponnen.
(Karin Großmann)