Sächsische Zeitung, 21.11.1997
Ein Unternehmen lebt
Das Beispiel der Mitarbeiterbeteiligungs GmbH
DRESDEN. "Den Wert eines Unternehmens machen nicht die Gebäude und die Maschinen und auch nicht seine Bankkonten aus. Wertvoll an einem Unternehmen sind nur die Menschen, die dafür arbeiten und der Geist, in dem sie es tun." Diese Aussage des ehemaligen VW-Chefs Heinrich Nordhof versuchte
Karl Nolle in die Tat umzusetzen.
Der geschäftsführende Gesellschafter des Druck- und Verlagshauses Dresden hat sein Unternehmen in eine Mitarbeiterbeteiligungs GmbH umgewandelt. Leitende Angestellte halten auf freiwlliger Basis Eigenkapital von 1 000 bis 10 000 Mark an der Beteiligungs GmbH. Diese wiederum hält 48 Prozent am Gesamtunternehmen. In Form einer Stillen Beteiligung haben die Facharbeiter Anteil am Unternehmen. Kurzfristig erhöht sich durch die Gründung der Mitarbeiterbeteiligungs GmbH das Eigenkapital. Die Mitarbeiter haben durch ihre finanzielle Beteiligung ein eigenes Interesse am Erfolg ihres Unternehmens - mehr Motivation ist die Folge.
Durch Einführung eines Investivlohns inform nicht bar ausgezahlter Lohnbestandteile, Mehrarbeitszuschlägen und Sparanlagen wird das Eigenkapital zusätzlich erhöht. Die nicht bar ausgezahlten Anteile stehen dem Unternehmen zur Verfügung, nach der Pension fließen sie den Arbeitnehmern wieder zu, die zugesicherte Verzinsung liegt dabei zwei Prozent über dem Diskontsatz der Bundesbank, derzeit rund 2,0 Prozent. Unternehmerinteressen und Mitarbeiterinteressen verschmelzen so zum Vorteil des gemeinsamen Betriebes.
Mit Hinblick auf die Unternehmensnachfolge kann sich so eine neue Führungs-, Interessen- und Verantwortungsstruktur herausbilden. Langfristig kann das Unternehmen ganz durch die Mitarbeiterbeteiligungs GmbH übernommen werden, sollte kein Nachfolger aus der Familie zur Verfügung stehen. Mit der Beteiligungs GmbH will Nolle verhindern, daß im Falle des Ausscheidens des Unternehmers der mit ihm in Verbindung stehende Wert des Unternehmens in sich zusammensackt.
(Jochen Hägele)