Karl Nolle, MdL

Sächsische Zeitung, 25.09.1999

Tagesgespräch: "Im Landtag zeigen, dass die SPD noch da ist"

SPD-Fraktionschef Jurk unterstützt Krehl als Parteichefin
 
Am Mittwoch wählte die SPD-Fraktion im sächsischen Landtag Thomas Jurk zu ihrem neuen Vorsitzenden. Die SZ sprach mit ihm über die neue Rolle seiner Fraktion im Parlament.

Gratulation zur Wahl - oder sollten wir eher herzliches Beileid wünschen?

Nein, ich nehme die Gratulation gern an. Auch wenn es nicht leicht sein wird. Ich habe ja einen langjährigen und erfahrenen Fraktionsvorsitzenden vor mir gehabt, der die SPD geprägt hat.

Es geht das Gerücht, Sie hätten Kunckel verdrängt.

Ich bin vorgeschlagen worden, und nach einer schlaflosen Nacht habe ich meine Bereitschaft erklärt, nachdem ich wusste, Karl-Heinz Kunckel tritt nicht mehr an. Ich weiß, dass er sehr tief betroffen gewesen ist, und alles, was seit Sonntag passierte, ist für ihn auch menschlich sehr schwer verkraftbar.

Sie haben Kunckels Verdienste gewürdigt - warum musste er trotzdem gehen?

Da müssen Sie ihn auch fragen, warum er nicht mehr wollte. Es gab verschiedene Entwicklungen in den letzten Tagen, und ich will mich an der weiteren Legendenbildung nicht beteiligen, weil ich nur Bruchstücke daraus kenne.

Mit 14 Abgeordneten bildet die SPD künftig eine Mini-Fraktion. Wie wollen Sie sich trotzdem Gehör verschaffen?

Zunächst müssen wir uns selber finden und kennenlernen. Und dann werden wir merken, dass wir gemeinsam eine Aufgabe zu erfüllen haben: Trotz des schlechten Wahlergebnisses muss die sächsische SPD eine starke politische Kraft in diesem Land bleiben. Und dazu dient in erster Linie auch der Landtag. Er ist für uns das Sprachrohr, er muss zeigen, dass die SPD noch da ist. Bei aller Trauer über das Ergebnis: Es ist auch eine Chance, einiges anders zu machen. Vielleicht kriegen wir eine neue Struktur hin, die effizienter und wirkungsvoller ist als die alte.

Die CDU sorgt sich darum, die SPD könnte ihren Abgrenzungskurs zur PDS lockern - mit Berechtigung?

Das ist zunächst Sache der CDU selbst. Im übrigen steht das Thema zur Zeit überhaupt nicht. In meinem Wahlkampf hat das gar keine Rolle gespielt. Wir müssen erst mal eine gute Arbeit machen.

Trotzdem steht die Frage, ob Sie eher mit der CDU oder mit der PDS kooperieren werden.

Nein. Mit 30 Abgeordneten hat die PDS ein Quorum erreicht, das sie bei wichtigen Fragen wie Untersuchungsausschüssen und Verfassungsklagen unabhängig von uns macht. Die PDS braucht uns also gar nicht. Unabhängig davon wird es im Interesse der Sache immer Gespräche mit den anderen Fraktionen geben müssen.

Die Führung der SPD liegt bis zum Parteitag in den Händen von Constanze Krehl. Ist sie nur eine Übergangskandidatin?

Nein. Ich denke, Constanze Krehl ist gewillt, diese Aufgabe zu erfüllen, und sie kann das auch. Die SPD muss doch jetzt auch mal zeigen, dass sie zur Geschlossenheit fähig ist. Wenn wir uns weiter zerfleischen, würden wir den politischen Gegnern nur zu wahren Freudensprüngen verhelfen.

Das Gespräch führte Steffen Klameth

Karl Nolle im Webseitentest
der Landtagsabgeordneten: