Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 08.07.2009

„Ich halte Nolle für einen Hassprediger“

Landtagsvizepräsident Gunther Hatzsch (SPD) zum Umgang mit Tillichs DDR-Biographie
 
Dresden. Im Streit um den Fragebogen von Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) zu dessen Stasikontakten ergreift nun auch Landtagsvizepräsident Gunther Hatzsch (SPD) Partei für Tillich.

Frage: Laut Arnold Vaatz war es die Intention des Fragebogens herauszufinden, ob sich jemand der Stasi angedient habe. Wie beurteilen Sie das?

Gunther Hatzsch: Ich sehe das genau so. Wenn die Stasi etwas wollte, kam sie auf einen zu – ob man das wollte oder nicht. Wer selbst etwas wollte, der ging zur Stasi hin. Berufliche Kontakte waren unumgänglich.

Hatten Sie auch solche Kontakte?

Als Lehrer hatte ich auch Kontakt zur Stasi, ja, aber die haben sich nie als Mitarbeiter des MfS ausgewiesen. Man hatte aber schon eine Ahnung, wie sie einzuordnen waren.

Ist der Fragebogen an einigen Stellen aus Ihrer Sicht unglücklich formuliert?

Ich würde sagen: unpräzise. Es gab ja nicht nur offene dienstliche Kontakte. Man wusste ja mitunter gar nicht, dass man Kontakt hatte. Und später taucht man dann in irgendeinem Bericht eines IM auf. Sinn der Frage war, ob sich jemand der Stasi angedient hat.

Wie agiert Ihre Partei, die SPD, in dieser Debatte?

Sehr unglücklich. Herr Nolle ist ein Scharfmacher, der sich aus Hass immer wieder selbst motiviert. Als er dann auch noch angefangen hat, in Tillichs Familie zu recherchieren, habe ich vor der Fraktion gesagt: Das ist das Letzte. Ich habe mit ihm gebrochen. Ich halte ihn für einen Hassprediger.

Wie war die Reaktion?

Zwei Fraktionskollegen haben mir den Rücken gestärkt. Die restlichen zehn wollten wohl teilweise Rücksicht auf ihre politische Karriere nehmen.

Sie sagen, Nolle handele aus Hass. Hass worauf?

Auf die CDU im Ganzen. Als der sogenannte Sachsensumpf Thema wurde, hat er gleich zu Anfang vor der Fraktion erklärt, er schaue in einen tiefen, ekelhaften Sumpf. Ursache sei die jahrelange Alleinherrschaft der CDU. Er hatte sofort seinen Schuldigen. Hinzu kommt: Um in die Schlagzeilen zu kommen, ist ihm jedes Mittel recht.

Wie wird sich die Diskussion beim Wähler auswirken?

Aus Sicht von Nolle und seinen Mitstreitern wird das ein Rohrkrepierer. Jeder DDR-Bürger hat individuell Kompromisse gemacht. Jeder musste in diesem System seinen Weg finden, und zwar für sich allein. Die wenigsten waren Helden und deshalb können sich viele heute in der Biografie von Tillich irgendwo wiederfinden. Ich fürchte, die Debatte verschärft die Wahlverdrosssenheit. Wenn es jemandem nützt, dann höchstens der CDU.
Interview: Dirk Birgel