Karl Nolle, MdL

Agenturen, dpa/sn, 16:16 Uhr, 12.07.2009

Weitere Körperverletzung im Jugendknast

Oppositionspolitiker forderten am Sonntag den Rücktritt von Justizminister Geert Mackenroth (CDU), Kritik kam auch von Koalitionspartner SPD.
 
Dresden (dpa/sn) - In dem durch einen Folterskandal bekanntgewordenen sächsischen Jugendgefängnis Regis-Breitingen hat es am 2. September 2008 einen weiteren Fall von Körperverletzung gegeben. Die Leipziger Staatsanwaltschaft habe am 7. April Anklage gegen drei Gefangene wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung erhoben, sagte der Sprecher des Justizministeriums, Matthias Lau, am Wochenende in Dresden. Er bestätigte einen Bericht des Nachrichtenmagazins «Focus». Danach soll der 16-Jährige, der im Mai 2008 einen Mitgefangenen mehrfach gequält und beinahe ermordet hatte, zu den Beschuldigten gehören. Der Ministeriumssprecher wies Vorwürfe des Magazins zurück, wonach weitere Vorfälle verschwiegen würden. Oppositionspolitiker forderten am Sonntag den Rücktritt von Justizminister Geert Mackenroth (CDU), Kritik kam auch von Koalitionspartner SPD.

Bei dem Angriff auf einen Mithäftling im September habe es sich um eine nicht zu vermeidende Schlägerei gehandelt, sagte Lau. Diese sei nach derzeitigem Kenntnisstand weder nach Dauer noch Intensität mit dem Folterskandal vergleichbar. Zwei damals 15 und 24 Jahre alte Gefangene sollen einen 18-jährigen Mithäftling geschlagen und versucht haben, zum Selbstmord zu treiben sowie zu erdrosseln. Sie kommen wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Mordes vor Gericht. Insgesamt gibt es neun Tatverdächtige. Im September dann sollen laut Ermittlungsergebnis drei Gefangene einen Mithäftling in ihrer Wohngruppe angegriffen haben, teilte Lau mit.

Laut «Focus» habe der als äußerst brutal geltende Jugendliche vom Mai damit erneut gegen einen Mitgefangenen Gewalt ausüben können, ohne dass Gefängnisbeamte oder Anstaltsleitung etwas davon bemerkten. Nachdem sich das Opfer Bediensteten offenbart hatte, wurden gegen die Beschuldigten Disziplinarmaßnahmen verhängt, so Lau. Nach Aufklärung des Vorfalls sei am 10. Oktober 2008 Anzeige erstattet worden. Laut «Focus» hat Justizminister Geert Mackenroth (CDU) diesen weiteren Fall bei der Pressekonferenz zum Folterskandal «verschwiegen».

Wer «schamlos» nur das bekanntgebe, wonach gefragt werde, habe im Ministeramt nichts verloren, hieß es am Sonntag in einer Mitteilung der Linken im Landtag. Der neue Fall zeige, dass die nach dem Folterskandal ergriffenen Maßnahmen nur begrenzt gewirkt hätten. Auch für den SPD-Abgeordneten Karl Nolle ist Mackenroth wegen der Vorfälle im Jugendgefängnis, der tödlichen Messerattacke auf eine Ägypterin im Gericht und «peinlicher Vorfälle» im Privaten nicht mehr tragbar. «Immer nur das zuzugeben, was schon bekannt ist - wer so arbeitet, hat das Vertrauen der Bevölkerung nicht verdient», kritisierte SPD- Generalsekretär Dirk Panter in einer Mitteilung die «altbekannte Salami-Taktik der CDU». Die Grünen forderten Informationen, ein überarbeitetes Konzept für Regis-Breitingen und mehr sowie pädagogisch geschultes Personal im Jugendstrafvollzug.

«Das Ministerium hat in der Vergangenheit auf Anfragen aktuelle Zahlen über Anzeigen wegen Körperverletzung in Sachsens Gefängnissen veröffentlicht und zu bekanntgewordenen Einzelfällen - soweit rechtlich zulässig - Stellung genommen», sagte sein Sprecher Lau. So sei bekanntgegeben worden, dass es seit Eröffnung des Gefängnisses 25 Strafanzeigen wegen Körperverletzung gegenüber Gefangenen gegeben habe. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Geschädigten und das jugendliche Alter der Beschuldigten verböten die Bekanntgabe weiterer Details.

(Der Beitrag des Focus lag dpa in redaktioneller Fassung vor.)

dpa sb yysn z2 bf
121616 Jul 09