Karl Nolle, MdL

welt-online.de, 10:51 Uhr, 08.08.2009

Umfragetief: SPD diskutiert über Bündnis mit der Linkspartei

Mitten im SPD-Umfragetief und sieben Wochen vor der Bundestagswahl zetteln führende Genossen eine Diskussion um das Verhältnis zur Linkspartei an.
 
Niedersachsens SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner schließt eine Annäherung an die Linke nicht aus. Peter Struck hält eine rot-rote Koalition auf Bundesebene 2013 für möglich.
 
Linken
Die SPD diskutiert wieder einmal ihr Verhältnis zur Linkspartei - Foto: ddp/DDP

Peter Struck hält eine Koalition der Sozialdemokraten mit der Linkspartei auf Bundesebene in frühestens vier Jahren für möglich. Für die Bundestagswahl im September und die kommende Legislaturperiode schließe der SPD-Fraktionschef eine solche Zusammenarbeit „absolut aus“, sagte Struck WELT ONLINE. Es werde keinen SPD-Spitzenpolitiker geben, der das mache.

Dagegen schließt Niedersachsens SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner eine Annäherung an die Linkspartei nicht aus. „Es gibt keine Angststarre vor dem politischen Wettbewerber“, sagte Jüttner. Er fügte hinzu: „Außer bei der CDU. Die sagen: Selbst wenn die Linke sagt, dass im Sommer häufiger die Sonne scheint, ist das falsch, weil es die Linke behauptet hat.“ Niedersachsens CDU-Fraktionschef David McAllister habe grundsätzlich verboten, Dinge zu unterschreiben, an denen die Linke beteiligt ist. „Das finde ich kleinkariert. Ich schätze die Linke nicht, aber ich muss zur Kenntnis nehmen, dass 7,1 Prozent der Niedersachsen sie gewählt haben“, sagte Jüttner.

Jüngsten Überlegungen von Links-Fraktionschef Manfred Sohn, die Regierung von Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) nach der nächsten Landtagswahl gegebenenfalls mit einer rot-rot-grünen Koalition zu stürzen, wollte sich Jüttner nicht anschließen. „Auf derartige Einladungen von Herrn Sohn reagieren wir nicht“, sagte der SPD-Politiker. Bis zur nächsten Wahl seien es noch über drei Jahre. Schon jetzt über Bündnisse zu spekulieren, sei „politisch abenteuerlich“

Für die Zukunft will auch Struck „nicht ausschließen, dass in vier Jahren oder in acht Jahren andere Konstellationen denkbar sind. Das hängt immer von den agierenden Personen ab“, sagte Struck. Voraussetzung sei, dass sich die Linkspartei ändere und zum Beispiel in ihrer Außenpolitik überarbeite.

Die schwierige Situation der SPD führte Struck, der nicht mehr für den Bundestag kandidiert, auf das Entstehen neuer Parteien zurück. „Die Grünen sind Fleisch von unserem Fleische, und die Linke auch“, sagt er. Alle Parteien zusammen gerechnet, „das ergibt ungefähr das Potenzial, das die SPD mal hatte“.

Nach der Meinung des niedersächsischen SPD-Vorsitzenden Garrelt Duin steht seiner Partei angesichts schlechter Umfragewerte noch schwierige Überzeugungsarbeit bevor. „Wir brauchen jetzt jeden Tag, um Gespräche zu führen und präsent zu sein, um diesen Rückstand aufzuholen“, sagte Duin. „Wir wissen, dass es schwierig ist, aber wir wissen auch, dass wir in den letzten Wochen noch einiges bewegen können.“

Sieben Wochen vor der Bundestagswahl am 27. September liegen die Sozialdemokraten nach den Wahlumfragen weit hinter der Union. Schwarz-Gelb hätte eine Mehrheit. Die Stimmung innerhalb der SPD nannte Duin „kämpferisch“. „Die eigenen Leute sind bereit, nicht aufzugeben, sondern richtig in die Hände zu spucken. Wir müssen jetzt die Überzeugungsarbeit intensivieren. Dafür sind Wahlkämpfe ja da.“

Den Deutschland-Plan, mit dem Steinmeier bis zu vier Millionen neue Arbeitsplätze schaffen will, hielten in der jüngsten ZDF-Politbarometer-Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen nur 13 Prozent der Befragten für realisierbar.

Die Union habe gar keinen Plan, wie es mit dem Land in den nächsten Jahren weitergehen solle, kritisierte Duin, der niedersächsischer SPD-Spitzenkandidat für die Bundestagswahl ist. Die Wahlkämpfer der SPD müssten nun vor allem erklären, was der Deutschland-Plan für die Menschen bewirken könne. „Dann werden sich die Umfragen wieder verbessern.“