Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 10.08.2009

Mit Routine und Akkordeon

SPD startet Landtagswahlkampf mit Open-Air-Parteitag in Leipzig
 

Leipzig. Es ist heiß auf dem Augustusplatz. Die SPD zelebriert den Auftakt ihres Landtagswahlkampfes in Leipzig. Die Menschen suchen Schatten unterm riesigen Sonnenschirm. Im Mendebrunnen baden Kinder. Und die SPD kämpft. Sie kämpft um Wasser für ihre Spitzenleute Wolfgang Tiefensee, Matthias Platzeck und Thomas Jurk, die in der prallen Sonne schmoren. Sie kämpft gegen die miesen Umfragewerte. Sie kämpft um die Sympathie der Zuhörer und um die eigene Zuversicht. Sie tut dies professionell. Um nicht vom Badewetter düpiert einen leeren Platz besprechen zu müssen, richtete sie einen Open-Air-Parteitag aus. Erscheinen für viele Mitglieder Pflicht.

Tiefensee, Platzeck und Jurk wollen keine Sonntagsredner sein. Die Stimmen sind im benachbarten Lokal angeraut, die Ärmel hochgekrempelt, die Kleidung leger. Der Bundesverkehrsminister gibt den Einpeitscher. Er bemüht bewährte Entertainerqualitäten und röhrt die Gäste aus der Lethargie des nahen Hitzschlags. Sprachpausen fordern routiniert Beifall nach jedem Satz.

Matthias Platzeck, der Brandenburger Ministerpräsident, spannt den großen Bogen. Er preist Kanzlerkandidat Franz-Walter Steinmeier. Er sucht die Union und vermutet sie im Urlaub. Er zieht Parallelen zu 2004, als die SPD auch abgeschrieben galt, CDU und FDP schon den „neoliberalen Tisch“ gedeckt hatten und alles wieder abgeräumt werden musste, weil mit der SPD in der Regierung kein Marktradikalismus zu haben war. Er warnt vor einer Neuauflage der Ellenbogengesellschaft a la Margaret Thatcher, die jene wollen, für die die Finanzkrise nur ein Betriebsunfall ist. Platzeck reißt die Leute von den Sitzen.

Sachsens Spitzenmann Thomas Jurk vertraut in seiner Rede auf die Macht von Fakten und Zahlen, mit denen er die Regierungsleistungen seiner Partei preist. Markant ist sein Konterfei auf den T-Shirts der Wahlhelfer. Dort wird er als Garant gepriesen. Vielleicht auch einer für Gemütlichkeit? Zum Abschluss jedenfalls greift sich Jurk ein Akkordeon und bringt seine Fans zum Schunkeln.
Andreas Friedrich