Karl Nolle, MdL

DNN/LVZ, 30.08.2009

Sachsen LB holt Regierung ein

Gericht sieht Entscheidungen im Zuge der Landesbank-Krise als verfassungswidrig an
 

Leipzig/Dresden. Die Sächsische Staatsregierung hat mit ihrem Vorgehen bei der Landesbank Sachsen Rechte des Landtags verletzt. Nach einem Urteil des Sächsischen Verfassungsgerichts hätte sowohl die Garantieübernahme für Risikopapiere als auch die Zustimmung für höhere Kreditlinien nicht ohne das Parlament erfolgen dürfen.

Wie die Präsidentin des Gerichts, Birgit Munz, in ihrer Urteilsbegründung gestern ausführte, war die Übernahme der Garantie gesetzlich nicht gedeckt. Nach geltendem Haushaltsrecht hätte eine solchen Bürgschaft den Zweck einer wirtschaftsfördernden Maßnahme erfüllen müssen. Im Fall der Sachsen LB sei jedoch die wesentliche Zielsetzung gewesen, die existenzbedrohende Krise der Landesbank abzuwenden.
Die Staatsregierung hatte im Zuge des Notverkaufs der angeschlagenen Sachsen LB an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) Garantien für faule Wertpapiere übernommen. Wenn es dort zu Ausfällen kommt, muss der Freistaat mit bis zu 2,75 Milliarden Euro gerade stehen. Bislang wurden bereits 1,68 Millionen Euro abgerufen. In diesem Jahr ist insgesamt mit Ausfällen in Höhe eines mittleren, zweistelligen Millionenbetrags zu rechnen.

Doch bereits im Vorfeld hätte die Regierung nach Meinung des Gerichts Entscheidungen, die letztlich zur Schieflage des Instituts führten, nicht ohne den Landtag treffen dürfen. In einer Sitzung des Kreditausschusses der Landesbank am 16. Juni 2005 stimmte der damals amtierende Finanzminister Horst Metz (CDU) einer Aufstockung der Kreditlinie für den späteren Krisenfonds Ormond Quay auf 1,735 Milliarden Euro zu. Dadurch seien Geschäfte möglich gewesen, die „nicht mehr mit den gesetzlichen Aufgaben der Sachsen LB gedeckt waren“, so Richterin Munz. Diese hätten im regionalen Bereich liegen müssen, ausschließlich ertragsorientierte Aktivitäten an den internationalen Kapitalmärkten seien ausgeschlossen gewesen. Zur Wahrung der Budgethoheit des Landtages wäre der Finanzminister als Vorsitzender des Verwaltungsrates der Sachsen LB verpflichtet gewesen, die Erhöhung der Kreditlinie zur Ausweitung der Finanzgeschäfte zu verweigern.

Grünen-Farktionschefin Antje Hermenau wertete den Richterspruch als „eine schallende Ohrfeige für die Staatsregierung und einen Sieg für die Demokratie“. Es sei Rechtsklarheit geschaffen worden, sagte Hermenau. „Alleingänge der Staatsregierung wie im Fall Sachsen LB sind in Zukunft nicht mehr möglich.“ Diese Entscheidung habe auch Bedeutung für andere Bundesländer, die Probleme mit ihren Landesbanken haben. Es sei deutlich geworden, so Hermenau, dass der immense Schaden, der dem Freistaat durch die Schieflage und den anschließenden Notverkauf der Sachsen LB entstanden sei, hätte vermieden werden können. Nach Ansicht der Grünen-Politikerin müssen nun endlich auch Schadenersatzforderungen gegen die Verantwortlichen auf den Weg gebracht werden. Allerdings räumte sie ein, dass Ansprüche aus dem Jahr 2005 eventuell schon verjährt seien.

Wolfgang Voß, Staatssekretär im Finanzministerium, hielt sich mit einer Bewertung des Urteils gestern zurück. Das Verfassungsgericht habe Neuland betreten mit Blick auf das, was Vertreter in Gremien dürften. Die Details müssten zunächst ausgewertet werden. Allerdings sah er keine Notwendigkeit für einen Nachtragshaushalt. „Das Gericht hat kein Urteil in der Sache gefällt“, sagte er. Die Wirksamkeit der Garantie bleibe daher bestehen.

André Hahn, Fraktionschef der Linken, sah sich in seiner Forderung nach einem Nachtragshaushalt durch das Gericht bestätigt. „Das Urteil beendet die unheilvolle Kette der Verletzungen des Budgetrechts des Parlaments“, sagte Hahn. Er fordete Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) zu einer öffentlichen Stellungnahme auf.
Sabine Schanzmann-Wey