Karl Nolle, MdL
LVZ/DNN, 05.03.2010
Gabriels gespielte Empörung
Kommentar von Roland Herold
Erwischt, Herr Gabriel! Spätestens im Mai, nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen, werden Politiker aller Couleur wieder vor Mikrofonen nach tiefschürfenden Erklärungen für geringe Wahlbeteiligung suchen. Vielleicht fällt dem einen oder anderen dann wenigstens noch das Stichwort Parteien-Sponsoring ein.
Die Debatte darum erhellt jedenfalls exemplarisch, wie es derzeit um die politische Kultur in diesem Land bestellt ist. Seit Tagen spielt die SPD in der Diskussion, welcher Ministerpräsident für welches Treffen käuflich ist, das beliebte Spiel "Haltet den Dieb!". Und Partei-Chef Gabriel ist sich nicht zu schade, über den Verstoß gegen den bürgerlichen Anstand zu wettern und Bundestagspräsident Lammert zu unterstellen, er würde viel zu lasch agieren. Nun aber - welche Überraschung - stellt sich heraus, dass Gabriel beim Pfingsttreffen seiner Partei selbst für Sponsoren zur Verfügung steht.
Das ist zwar einerseits an Dreistigkeit kaum noch zu toppen, andererseits aber auch nur bedingt überraschend. Denn auch die Sachsen-SPD verurteilte Ministerpräsident Tillich, um gleichzeitig einzuräumen, selbst gern auf Sponsoren zurückzugreifen.
Was also ist verwerflicher: Der teuer verscherbelte Termin mit einem Spitzenpolitiker oder die scheinheilige Empörung darüber? Die Linke warnt, dass die Diskussion ums Parteien-Sponsoring rechtsextremen Parteien nützen könnte. Grünen-Geschäftsführer Beck mahnt, dass bei den Bürgern der Eindruck entstehen könnte, dass Politik käuflich ist. Beides ist falsch. Nicht der Eindruck von irgendetwas ist verwerflich, sondern das politische Kalkül, das hinter den gespielten Empörungen steht.