Karl Nolle, MdL
Sächsische Zeitung, 09.04.2001
Schwache Opposition
Gut gebrüllt, Löwe
DRESDEN. Sie habe "abgewirtschaftet", die CDU, frohlockt die SPD. Über "Machtmissbrauch in Reinkultur" schimpft die PDS. Und die FDP stellt klar: "Sachsen ist ein Freistaat und kein Kurfürstentum." Gut gebrüllt, Löwe. Nie schienen die Chancen der Opposition besser als zurzeit: Der Regierungschef ist angeschlagen, die CDU hat vor allem mit sich selbst zu tun, der wirtschaftliche Aufholprozess ist ins Stocken geraten. Und doch vermochte bislang niemand Kapital daraus zu schlagen. Warum? Ein wesentlicher Grund liegt nicht etwa in der Schwäche der Vorwürfe gegen den Ministerpräsidenten, sondern der der Opposition. Nur zögerlich haben sich PDS und SPD der Affäre angenommen - vielleicht auch deshalb, weil sie nicht ganz unbeteiligt sind: Bisher hatten sie an dem umstrittenen Haushaltstitel nie etwas auszusetzen. Außerdem sind Biedenkopfs Machtattitüden für viele Sachsen offenbar kein Grund zur Aufregung. Im Gegenteil: Seine Verdienste, so die verbreitete Meinung, rechtfertigten auch bestimmte Privilegien. Die Oppositionsparteien müssen also nicht ganz zu Unrecht fürchten, am Ende als Königsmörder zu gelten. Das Brüllen der Opposition kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Dilemma der CDU auch ihr eigenes ist. Und es ist gar nicht mal ausgeschlossen, dass sich die CDU am ehesten davon erholt. So dicht wie dieser Tage hat man deren Reihen lange nicht gesehen.
(Steffen Klameth)